Alles, was Recht ist: Copyright?

von Stefan Blankertz

1.

Grundsatz. — »Libertäre bestehen darauf, dass die von den Individuen frei gewählten Handlungen respektiert werden. Diese Auffassung von Gerechtigkeit orientiert sich an Mitteln, d.h. wenn ein gegebener sozialer Zustand ausschließlich mit den Mitteln der freiwilligen Interaktion hergestellt wird, sei er gerecht. Gerechtigkeit bezieht sich also unserer Auffassung nach nicht auf einen inhaltlich definierten Zustand wie etwa Gleichheit, sondern auf die Mittel, die eingesetzt werden, um den Zustand zu erreichen. Wenn die Rechte von niemandem verletzt werden, resultiert Gerechtigkeit.«[1] Wendy McElroy.

 

2.

Rechtsfragen werden auch unter Libertären oft diskutiert, als ließen sich Entscheidungen mit unabweisbarer Logik deduzieren. Doch an Wendy McElroy anschließend geht es im libertären Recht nicht darum, einen Zustand als »gerecht« zu ermitteln, sondern das gerechte Verfahren einzuhalten, um einem gewünschten Zustand zu erreichen: Das Verfahren heißt »freiwillige Interaktion«.

 

3.

Copyright oder Copywrong. — Eine umstrittene Rechtsfrage unter Libertären bezieht sich auf die jeweils behauptete oder negierte Möglichkeit von Copyright oder Urheberrecht in einer anarchokapitalistischen[2] Gesellschaft. Beziehen wir die Copyright-Frage auf das Kriterium von Wendy McElroy: Wir können weder als erwünschten Zustand festlegen, »Kopieren soll generell verboten werden«, noch »es darf generell keine Begrenzung des Kopierens geben«. Beide inhaltlich festgelegten Zustände ließen sich nicht ohne Staatsgewalt erreichen, ohne Verletzung der Freiwilligkeit, ohne Verletzung von Eigentumsrechten. Vielmehr sagt das anarchokapitalistische Recht: Ein gegebener Zustand muss erreicht worden sein, ohne das Eigentumsrecht von jemanden zu verletzen. Wer nicht möchte, dass sein Text, seine Musik, seine Software kopiert werde, muss das in freiwilliger Interaktion regeln, etwa mit Verträgen. Er kann sich nicht auf ein staatliches Urheberrecht berufen. Und wer möchte, dass Texte, Musik und Software ungehindert zugänglich sind, kann auch das nur, indem er Schriftsteller, Wissenschaftler, Musiker etc. überzeugt, ihre Produkte kostenlos zur Verfügung zu stellen. In der Copyright-Frage gehen die Begriffe leider durcheinander: Der Staat schafft ein Urheberrecht, welches außerhalb der Vertragbedingungen gilt und über sie hinaus geht. Die Gegner jedes, auch eines privatrechtlichen Copyrights behaupten, die Produzenten von Software, Texten und Musik müssten staatlich gezwungen werden, umsonst zu arbeiten. Allen, die so argumentieren, sage ich, sie sollen doch mal vorbei kommen und meine Wohnung kostenlos putzen. Diese Leute sind das, was ich »egoistische Kommunisten« nenne: Sie finden, dass sie selber für ihre Arbeit mehr Geld kriegen sollten, wollen aber andere daran hindern, für ihre Arbeit Geld zu bekommen. Das Thema ist mir wichtig, weil es darum sich dreht, ob bestimmte Instanzen oder bestimmte Personen das Recht beanspruchen dürfen, freiwillig eingegangene Verträge für null und nichtig zu erklären. Wenn das der Fall ist, haben wir Staat.

 

4.

»Geistiges Eigentum«? — Es gibt kein spezielles geistiges Eigentumsrecht. Wer sein geistiges Eigentum schützen will, muss dies schützen wie ein gegenständliches. In einer anarchokapitalistischen Gesellschaft wird es auch keine Patente geben, stattdessen Verträge. Niemand muss ein allgemeines Urheberrecht oder Copyright anerkennen. Es ergibt sich eine mögliche Grenze des Kopierens aus konkreten Verträgen. Jeder kann also sagen: Software oder Bücher, die man nicht kopieren darf, kaufe ich nicht, d.h. ich gehe solche Verträge nicht ein. Umgekehrt kann es Schriftsteller und Entwickler geben, die sagen: Auf unsere Produkte gibt es keine Kopierbeschränkung. Was allerdings nicht angeht, ist, dass sich eine Gruppe zusammentut, die sagt: »Wer bei uns Mitglied ist, darf auch solche z.B. Software kopieren, die er unter der Bedingung gekauft hat, dass er sie nicht kopiert.« Das wäre das gleiche wie eine kommunistische Gruppe, die sich zusammenfindet, und sagt: »Jedes unserer Mitglieder darf sich alles in einem Supermarkt nehmen, auch wenn der nicht zu uns gehört« und Waren eigentlich nur gegen Zahlung abgibt. Nutzungsbegrenzungen wie z.B. Kopierverbot können durch konkreten Vertrag zustande kommen. Dass niemand, der keinen Vertrag mit dem Urheber hat, den Inhalt sehen bzw. nutzen kann, ist Obliegenheit des Urhebers. Wenn der sein Produkt offen zugänglich macht, kann er keine Nutzungsbeschränkung durchsetzen. Es ist demnach klarerweise Unrecht, wenn der Staat statuiert: »Du darfst generell nicht kopieren.« Oder: »Weil wir davon ausgehen, dass du mit deinem Kopierer angeblich geschützte Bücher kopierst, musst du pro Kopie eine Abgabe leisten, egal was du tatsächlich kopierst.« Doch es ist auch Unrecht, wenn du einen Text von mir weitergibst, den ich dir unter der Bedingung gegeben habe, dass du ihn nicht weitergibst. In dieser Weise also ist Copyright anarchokapitalistisch gesehen keine »automatische« Gegebenheit, wie der Staat sie definiert, sondern es entsteht durch den Vertrag. Das Urheberrecht beruht zwar auf rein staatlicher Setzung, doch in einer anarchokapitalistischen Gesellschaft bliebe klarerweise die Möglichkeit, Bücher, Ton- und Bildträger oder Software zu verkaufen unter der Bedingung, dass die Käufer keine Kopien ziehen. Sofern sie der Bedingung freiwillig zugestimmt haben, sind sie daran gebunden und haben, wenn sie nachweislich dagegen verstoßen, ggf. eine Vertragsstrafe zu erwarten. Bedingte Eigentumsübertragung war im Vertragsrecht gang und gäbe, lange bevor es einen Staat gab.

 

5.

Da betreibt einer eine Website mit verschiedenen Inhalten, die er selbst erstellt hat (Bilder, Grafiken, Texte). Nach geltendem staatlichem Urheberrecht reicht es, dass er sagt, diese Inhalte dürften nicht ohne seine Genehmigung weiterverwendet werden. Nach anarchokapitalistischen Recht reicht das nicht. Wenn die Seite ungehindert zugänglich ist, kann der Surfer auch alles das nach Gutdünken nutzen, mithin kopieren und teilen, was er sieht. Um Inhalte zu schützen, muss ein konkreter Vertrag zustande gekommen sein. Etwa folgendermaßen: Der Surfer geht auf die Seite, es werden die Inhalte, die man dort finden kann, via Inhaltverzeichnis, Teilvorschau o.ä. angedeutet, nicht aber die Inhalte selbst. Bevor der Surfer vollständigen Einblick in einen Inhalt hat, erscheint ein Fenster: »Mit dem Öffnen dieses Inhalts akzeptierst du die Nutzungsbedingungen. Dazu gehört, dass du die Inhalte nicht ohne meine Zustimmung weiterverwendest.« In der Art hat sich das zum Teil jetzt schon geregelt. Wenn ich über Google recherchiere, stoße ich bisweilen auf Portale, die wissenschaftliche Texte zugänglich machen. Dort wird die erste Seite eines Beitrags abgebildet und es gibt einen Abstract. Wenn ich den ganzen Artikel lesen will, muss ich etwas bezahlen und stimme den Nutzungsbedingungen zu.

 

6.

Eigentum setzt Recht. — Du hast nicht das Recht, alles zu kopieren, was du kopieren kannst. Du hast auch nicht das Recht, überall deinen Fuß hinzusetzen, wo du ihn hinsetzen kannst. Wenn ich dir eine CD verkaufe unter der Bedingung, dass du sie nicht kopierst, ist Kopieren ein Verstoß gegen einen Vertrag, dem du zugestimmt hast. Ich bin nicht verpflichtet, dir meine CD zu verkaufen. Ich verkaufe sie dir unter einer Bedingung; du kannst sie annehmen oder den Kauf sein lassen. Wer behauptet, er habe das Recht, gegen Vertragsbedingungen zu verstoßen, denen er eigens zugestimmt hat, negiert das Vertragsrecht. Es ist sprachlich unkorrekt, in diesem Fall von generellem Kopierverbot zu sprechen. Ich verbiete dir nicht das Kopieren schlechthin, sondern ich übertrage dir mein Eigentum an einer CD bloß unter der Bedingung, dass du speziell diese nicht kopierst.

 

7.

Nehmen wir ein anderes Beispiel. Ich verkaufe ein Mietshaus mit 26 Wohnungen. In einer der Wohnungen lebt meine betagte Mutter. Ein Vertragsbestandteil lautet, dass sie lebenslanges Wohnrecht in ihrer Wohnung habe. Der Käufer stimmt dem zu. Dann behauptet er, er sei Eigentümer, könne mit dem Wohnhaus mithin verfahren, wie ihm beliebe, und schmeißt meine Mutter raus. Das stellt einen Vertragsbruch dar. Jeder Richter des Marktes würde mir Recht geben und den Käufer auffordern, meine Mutter weiter wohnen zu lassen. Dass nachträglich zuvor eingegangene Vertragsbedingungen geändert werden können, ist eine Unsitte des Staatsrechts. So erlaubt das Staatsrecht z.B., dass ein Mieter einen Vertrag unterzeichnet, diesen dann auf »Rechtmäßigkeit« überprüfen lässt und ggf. gewisse Vertragsbestandteile kippt.

 

8.

Es ist nicht von ungefähr so, dass die, die ein schrankenloses Recht aufs Kopieren proklamieren unabhängig von den Vertragsbedingungen, die sie eingegangen sind, zwar manchen anscheinend libertären Spruch auf den Lippen führen, jedoch immer, wenn es drauf ankommt, zu knallharten Etatisten mutieren.

 

9.

Eine solche Kultur des »freien« (schrankenlosen) Zugangs zu allen angeblichen Kultur- und Wissenschaftsgütern entsteht in einer Gesellschaft, in der Kultur und Wissenschaft fast komplett staatlich sind oder staatlich subventioniert werden. Selbstverständlich fällt es einem Wissenschaftler, der den Lohn aus dem Steuersäckel erhält, leicht, darauf verzichten, dass seine Bücher usw. Tantiemen einbringen. In einer anarchokapitalistischen Gesellschaft wäre das anders. Aber sicherlich könnte es auch in einer anarchokapitalistischen Gesellschaft z.B. eine Community geben, die freiwillig Geld an einer wissenschaftliche oder kulturelle Institution gibt unter der Bedingung, dass die mit dem Geld gewonnenen Erkenntnisse oder kulturellen Leistungen unbeschränkt kopierbar und unbeschränkt zugänglich gemacht werden. Jeder entscheide, wie er’s hält; es bleibe aber eben die Entscheidung von jedem Einzelnen. Wer dagegen behauptet, es gäbe ein »Recht« auf »freien« Zugang zu Musik, Filmen, Büchern, Software, Wissen, will nur eins: sich an den Früchten der Arbeit von Anderen kostenlos und ohne deren Zustimmung bedienen. Das ist im Prinzip nichts anderes, als im Supermarkt zu klauen.

 

10.

Vertrag versus Verbot. — Per Vertrag kannst du im strikten Sinne nichts »verbieten« lassen. Der Vertrag ist eine Eigentumsübertragung oder eine Nutzungseinräumung. Du kannst per Vertrag die Nutzung von etwas, das dir gehört, einschränken, indem du keine vollständige Eigentumsübertragung vornimmst, sondern eine Bedingung setzt. Das einfachste Beispiel ist das Wegerecht. Du besitzt ein Grundstück, willst es verkaufen, aber dir einen Weg darüber sichern. Also wird im Vertrag stehen: Der Käufer räumt dem Verkäufer ein Wegerecht ein. Bei einem Weiterverkauf muss der Käufer diese Bedingung an seinen Käufer auch weitergeben. Wenn ich ein Buch publiziert, eine CD bespielt, einen Film gedreht oder eine Software programmiert habe, kann ich die Daten-Träger unter der Bedingung weiterverkaufen, dass der Käufer sie nicht kopiert. Das schränkt niemandes Freiheit ein.

 

11.

Soweit das Auge reicht 1. — Sicherlich darf dir niemand sagen, was du etwa mit deiner Kamera anstellen darfst oder nicht. Wenn du dich aber auf meinem Boden befindest, kann ich definieren, ob du Fotos schießen darfst oder nicht. Überall, wo du mit Zustimmung des Besitzers stehen kannst und Fotos schießen darfst, darfst du alles, was du von dort aus mit der Kamera erreichst, aufnehmen. Dies ist im Staatsrecht heute meist nicht mehr der Fall, denn es gibt z.B. den sog. »Persönlichkeitsschutz«, der besagt, dass du Fotos von Menschen, die du auf der Straße siehst, jedenfalls nicht veröffentlichen darfst. Das ist ein klares Beispiel, wie im Staatsrecht ein Verbot – anstelle von Vertragsrecht – zustande kommt. Anderes Beispiel. Ich betreibe ein Museum mit Kunstwerken. Besuchern erlaube ich, zu privaten Zwecken des Andenkens Fotos zu schießen. Sie dürfen die Fotos aber nicht ohne meine Genehmigung veröffentlichen (Print oder Netz). Wenn jemand ohne eine solche Genehmigung ein Foto veröffentlicht, erfüllt das klarerweise den Tatbestand des Vertragsbruchs. Die Frage lautet also immer, ob du mit Kopie, Nachahmung, Foto usw. gegen einen konkreten, von dir eingegangen Vertrag verstößt oder nicht. Wenn Leute sagen, man dürfe gegen einen derartigen Vertrag verstoßen, weil sie Kopieren generell für erlaubt halten, dann unterläuft das die freiwillige Interaktion und stellt eine Verneinung von Vertragsrecht dar, eine Enteignung und Beschneidung des Selbstbestimmungsrechts. Denn zum Eigentums-, Vertrags- und Selbstbestimmungsrecht zählt notwendigerweise, dass ich definieren kann, unter welchen Bedingungen ich mein Eigentum anderen zugänglich mache.

 

12.

Gegenständlichkeit. — Nicht stichhaltig ist das Argument, es dürfe kein Vertrag dergestalt geben, dass ich ein Buch unter der Bedingung verkaufe, der Käufer werde es nicht kopieren, weil die Kopie nichts »wegnehme«. Ich darf per Vertrag jede Bedingung für den Verkauf oder die Weitergabe stellen, die ich will. Wenn ich ein Grundstück habe, kann es sein, dass jemand, der es quert (z.B. weil es eine Abkürzung auf seinem Weg ist), dabei nichts wegnimmt oder zerstört. Trotzdem kann ich es per Schild, Zaun o.ä. untersagen. Daraus ergibt sich kein unzulässiger Vertrag zu Lasten von Dritten. Wenn ich dir ein Buch verkaufe, ist das ein Vertrag zwischen uns beiden und er besagt, dass du das Buch nicht kopieren darfst. Wenn du das Buch weiterverkaufst oder auch nur verschenkst, so bleibt die ursprüngliche Einschränkung der Eigentumsübertragung erhalten, denn das Recht, das Buch zu kopieren, habe ich dir nicht übertragen – also kannst du es auch nicht an Andere weitergeben. Bei Software ist die Lösung vor allem die der Kopier- und Nutzungssperre.

 

13.

Schlüsselgewalt. — Die Einschränkung der Eigentumsübertragung verfällt nicht, wenn du das Buch verlieren solltest. Jemand könnte ein Buch auf der Parkbank vergessen; ich finde es, bin damit weder Käufer noch Beschenkter. Demnach bin ich an eine Bedingung, die ggf. mit dem Kauf verbunden war, nicht gebunden, kann folglich das Buch nachdrucken bzw. ins Netz stellen. Richtig? Nein. Etwas zu verliere bedeutet nicht, das Eigentumsrecht daran verwirkt zu haben. Wenn ich meinen Wohnungsschlüssel verliere, gibt es dir, wenn du ihn findest, nicht das Recht, meine Wohnung zu betreten, weil du sie aufschließen kannst. Unabhängig davon kann man nicht verlieren, was man nicht besitzt. Denn eine Bedingung bei der Eigentumsübertragung bleibt selbstverständlich auch bei Verlust und Finden erhalten, sofern sie für den Finder ersichtlich ist. Oder anders: Der Verkauf kann unter »Vorbehalt« geschehen, d.h. bei Verlust des Buches fällt es automatisch in das Eigentum des Verlages oder Autors zurück. Gegenteilige Behauptungen sind Konstruktionen von Leuten, die damit begründen wollen, dass sie das Recht hätten, in Verträge Dritter einzugreifen oder diese außer Kraft zu setzen, weil sie meinen, es dürfe kein geistiges Eigentum geben. Es geht hier nicht darum, die Rechtfertigung eines ominösen »geistigen Eigentums« zu präsentieren, sondern nur die Vertragsfreiheit zu sichern und nichts als die Vertragsfreiheit. Kopieren ist dann und nur dann ein Verstoß gegen einen Vertrag, insoweit es einen Vertrag gibt. Und unter diesen Umständen handelt es sich um Diebstahl, weil ich mir über den Kauf hinaus ein Recht aneigne, das mir nicht übertragen worden ist, falls es mir ausdrücklich abgesprochen wurde.

 

14.

In einer anarchokapitalistischen Gesellschaft wären bloß solche geistigen Produkte geschützt, die eindeutig gekennzeichnet sind. Wenn ich heute im Netz recherchiere, ist bei Texten oder Bildern oft gar kein Hinweis enthalten, ob die Nutzung »frei« ist oder nicht. Das ist lästig und Konsequenz des staatlichen Copyrightgesetzes, das ein Urheberrecht zugesteht, ohne dass ich mein Produkt kennzeichnen oder Gedanken darüber machen muss, wie ich es schütze.

 

15.

Freikörperkultur. — Sicherlich könnte jemand eine Reihe von absurden Bedingungen an einen Verkauf knüpfen, dann allerdings wird er nichts oder wenig verkaufen und darum auch keine »Marktmacht« erreichen. Ein wenig weniger absurd wird es, wenn wir uns die Beispiele vornehmen und in ein realistisches Setting versetzen. Nehmen wir einen Betreiber einer Badeanstalt. Er muss das Recht haben, FKK vorzuschreiben, ebenso wie er das Recht haben muss, unbekleidete Gäste abzuweisen.

 

16.

Vertrag und Eigentum. — Ohne Vertragsrecht gibt es kein Selbsteigentum. Wenn ich keine Bedingungen stellen kann, wie mein Eigentum genutzt wird, verfüge ich nicht wirklich darüber. Wenn der Staat sagt, ich dürfe Eigentum zwar verkaufen, aber nur unter seinen Bedingungen (d.h. etwa unter Piraten-Herrschaft: du darfst keine Software mit Kopierschutz verkaufen), dann herrscht der Staat über mein Eigentum, ich verfüge nicht darüber. Ein Verbot bzw. eine Einschränkung, bei der Eigentumsübertragung Bedingungen zu stellen, würde das Selbsteigentum aussetzen – denn dann habe ich keine Verfügung über die Bedingungen, wie ich mein Eigentum verwende. Der Käufer hat kein Recht darauf, mein Eigentum zu benutzen oder zu erwerben. Ich habe, wenn ich über Eigentum verfüge, das Recht, es für mich zu behalten und jede Nutzung durch Dritte auszuschließen. Wenn ich jemand Drittes das Eigentum nutzen lasse oder es ihm sogar überschreibe, habe ich das Recht, die Bedingungen zu definieren. Der Preis ist beispielsweise nichts als eine solche Bedingung: Ich verkaufe etwas unter der Bedingung, dass ein Käufer diesen Preis bezahlt. Dieser Preis kann monetär sein oder – bzw. zusätzlich dazu – die Erfüllung einer weiteren Bedingung. Kein Käufer ist gezwungen, auf die Bedingung einzugehen, also kann diese Bedingung auch nicht das Selbsteigentum des Käufers verletzten. Oft sind Eigentumsübertragungen vollständig. Aber es gibt auch viele Eigentumsübertragungen unter Vorbehalten oder mit Bedingungen. Neben der Eigentumsübertragung gibt es auch Nutzungsberechtigung, Vermieten und Verleihen; und alle diese Formen definieren meist gewisse Bedingungen. Wenn ich eine Theaterkarte kaufe, erwerbe ich die Berechtigung auf einen zeitbegrenzten Platz und darauf, das Stück anzuschauen. Ich erwerbe nicht das Recht, die Aufführung zu stören. Und genauso kann eingeschränkt werden, dass ich nicht filmen darf. Wenn ich die Bedingungen akzeptiere, muss ich sie einhalten. Wer mir Papier für meine Buchproduktion verkauft und die zusätzliche Bedingung dafür stellt, dass mein Buch unbeschränkt kopierbar ist, muss ich das einhalten oder das Papier bei jemand anderem kaufen. Wenn ich in Blogs unbeschränkt zugänglich poste, verzichte ich darauf, für diese Texte das Urheberrecht zu beanspruchen, weil die Betreiber das so festgelegt haben. Das muss ich akzeptieren. Ich kann nicht nachträglich sagen, nee, nee, ich habe es mir anders überlegt, die Texte sollen nun doch nicht allgemein kopierbar sein und jeder, der sie kopiert, wird von mir abgemahnt.

 

17.

Manege frei. — Wenn ich ein Veranstalter von Zirkusauftritten bin, kann ich bestimmen, dass niemand, der zum Auftritt kommt, Videoaufnahmen macht. Mit der Eintrittskarte wird das gesagt und indem sie jemand erwirbt, stimmt er zu. Einen solchen Vertrag kann nur staatliche Gewalt verhindern, indem sie bestimmt, dass der Eigentümer des Veranstaltungsorts (oder der rechtmäßige Mieter des Orts) mit seinen Kunden einen anderslautenden Vertrag schließt.

 

18.

Brief und Siegel. — Das gleiche gilt, wenn du eine Software kaufst. Das Paket (gehen wir erstmal von einer Box mit einer DVD aus) ist versiegelt. Beim Kauf hast du dich verpflichtet, die Software nicht dritten zugänglich zu machen. Einen solchen Kaufvertrag für null und nichtig zu erklären, ist nur durch staatlichen Eingriff möglich. Natürlich kann ein Käufer sich nicht an die von ihm akzeptierten Bedingungen halten, das ist aber genauso Vertragsbruch wie Diebstahl in einem Kaufhaus. Wenn keine DVD vorliegt, sondern du dir die Software herunterladen kannst, wird dir vor dem Installieren der Vertrag vorgelegt und du klickst auf »akzeptieren«. Die Behauptung, dieser Vertrag sei »unsittlich«, bedeutet, dass weder das Eigentumsrecht des Programmierers anerkannt wird noch die freiwillige Zustimmung des Käufers. Wenn jemand der Vertragsbedingung freiwillig zustimmt und sie dann bricht, bedeutet das, dass er den Programmierer oder dessen seine Firma bewusst täuscht, um sich das Arbeitsergebnis anderer ohne Einwilligung anzueignen. Auch um dieses Argument auszuhebeln, kursieren absurde Konstruktionen. Sei der Vertrag gültig, wenn ich als Wasserquellenbesitzer dem nahezu Verdurstenden ein Glas für eine exorbitante Summe oder gar die Zusage lebenslanger Dienstleistung »verkaufe«? Mundraub ist in allen nicht-staatlichen und gewohnheitsrechtlichen Rechtssystemen als erlaubt anerkannt. Doch niemand kann mir weismachen, das Haben einer Musik-CD, eines Buches oder eines bestimmten Games sei (auch im Fall extremer Pathologie) eine Frage auf Leben und Tod.

 

19.

Zukunftsängste. — Die Regel, ein Vertrag binde meinen zukünftigen Willen nicht, bedeutet keineswegs, dass ich auf der einen Seite etwas von einem Verkäufer kassieren kann, andererseits die in Zukunft liegende Bezahlung verweigern. Wenn ich meine Meinung ändere, wird der Kauf rückgängig gemacht. Du bekommst von X eine Summe Geld und zwar unter der Bedingung, dass du dich über zwei Jahre lang jeden Tag 1 Mal ohrfeigen lässt. Nach ein paar Mal hast du die Nase voll und lässt dich nicht mehr ohrfeigen, also musst du zumindest einen Teil des Geldes zurückgeben.

 

20.

Soweit das Auge reicht 2. — Wenn kein Vertrag vorliegt, gibt es keine Beschränkung des Kopierens. Einen Gegenstand, der mir ungehindert einsichtig ist, kann ich nach nicht-staatlichem Recht schrankenlos kopieren. Es geht ausschließlich um den Fall, wo ein Vertrag zustande kommt: Ich will Ding X (Buch, CD, Software) haben und der Verkäufer fordert Geld + das Akzeptieren der Nutzungsbedingungen. Wer diese Form des Vertrags ausschließt, macht jeden Vertrag null und nichtig. Hieße das nicht, meine Mitbewohner, die ein von mir unter der Bedingung des Kopierverbotes gekauftes Buch herumliegen sehen, dieses ungehindert kopieren dürfen, weil sie keinen Vertrag mit Verlag oder Autor haben? Nein. Mein Buch oder meine CD, die in meiner Wohnung herumliegt, steht nicht jedem bedingungslos zur Verfügung. Anständige Menschen fragen: »Darf ich mal dein Buch haben?« Und wenn ich »Ja« sage, gehe ich davon aus, dass die Person das Buch z.B. pfleglich behandelt. Ob ich dazu sage »aber nicht kopieren«, hängt von der Situation ab. Meinen Jungs z.B. habe ich es, wenn sie sich CDs von mir borgten, dazu gesagt. Im Haushalt lebende Personen, die ein Objekt nicht selber gekauft haben, haben zwar möglicherweise Zugang zu dem Objekt und stehen tatsächlich mit dem Verkäufer in keinem Vertragsverhältnis. Dennoch dürfen sie das Objekt nicht beliebig nutzen. Das Objekt ist Eigentum des Käufers und der hat ein Vertragsverhältnis mit dem Verkäufer. Mitbewohner dürfen etwa nicht die Wärmezähler an den Heizkörpern manipulieren, auch wenn sie selber keinen Mietvertrag mit dem Vermieter unterzeichnet haben, sondern nur ich. Wenn ich mir ein Auto leihe und dies dann einem Dritten zur Verfügung stelle, der es zu Schrott fährt, bin ich dem Verleiher gegenüber haftbar und der Fahrer mir gegenüber.

 

21.

Konstrukte gegen Recht. — Es gibt von Gegnern der Möglichkeit eines privatrechtlichen Copyright-Schutzes die Bestrebung, eine Situation zu konstruieren, in der jemand ein kopierbares Ding in die Hand bekommt, ohne in einem Vertragsverhältnis zu dem Urheber zu stehen, um dann ausrufen zu können: »Seht ihr, es kann keinen Kopierschutz geben!« Das ist ein typisches Verfahren etatistisch verdorbener Anwälte, bei denen es darum geht, Rechtsgrundsätze durch Kniffe zu beugen. Ich glaube aus der Kenntnis von nicht-staatlichen Rechtssystemen heraus, dass sich ein Recht ohne Staat anders entwickeln würde. Es kommt immer darauf an, was für einen Vertrag ich eingegangen bin. Wenn ich beim Kauf freiwillig einer Bedingung, egal wie sie aussieht, zugestimmt habe, bin ich daran gebunden. Wenn mir die Bedingung nicht gefällt, sollte ich den Kauf gefälligst nicht vornehmen (Lifeboat-Situationen ausgenommen).

 

22.

Die bösen Monopolisten. — Softwareentwickler, die Kopierschutz einbauen oder Quellcodes geheim halten, als »Monopolisten« zu bezeichnen, ist falsch. Ist Coca-Cola darum ein Monopolist, weil die Firma ihr Rezept nicht veröffentlicht? Die Software gibt es ohne den Entwickler nicht. Ich kann den Entwickler nicht zwingen, sie zu entwickeln, und habe keinen Anspruch darauf, sie nutzen zu dürfen. Der Software-Entwickler könnte die von ihm entwickelte Software ausschließlich für sich selber nutzen wollen und gar nicht bereit sein, sie zu verkaufen. Wenn er dazu das Recht hat, hat er auch das Recht, an den Verkauf noch weitere Bedingungen zu knüpfen als Geldzahlung. Selbstverständlich hat er genauso das Recht, die Nutzung völlig freizugeben.

 

23.

Null und Nichtigkeiten. — Private Verträge sind nichtig, wenn sie dem Prinzip des Vertrags widersprechen. Ein Beispiel sind Sklaverei-Verträge. Ein Vertrag ist immer die Eigentumsübertragung eines aktuellen Gutes. Es gibt keine Verträge, die den zukünftigen Willen binden (das sind bestenfalls Versprechen). Das heißt, es kann keine Verträge ohne Ausstiegsoption geben. Umgekehrt aber kann ich meinen Willen auch nicht rückwirkend ändern. Wenn ich beim Kauf eines Grundstücks zum Beispiel zugestimmt habe, dort keine FKK-Partys zu veranstalten, kann ich nicht Jahre nach dem abgeschlossenen Kauf sagen, dass ich die Bedingung doch nicht einhalten will. Ich kann niemandem ohne Ausstiegsoption zusichern, dass ich morgen für ihn arbeiten will; ich kann aber auch nicht zurücknehmen, dass ich gestern für ihn gearbeitet habe und zwar unter Bedingungen, denen ich ausdrücklich und freiwillig zugestimmt habe.

 

24.

Zweierlei Maß? — Gehen wir die Sache noch von einer anderen Seite an. Gesetzt, es gibt kein staatliches Urheberrecht und gar keinen Staat. Ein Softwareentwickler schließt mit zwei Personen, nennen wir sie Peter und Paul, einen Vertrag ab, der vorsieht, dass sie für die von ihm gelieferte Software 1. nach sechs Monaten einen bestimmten Preis zahlen und 2. die Software nicht dritten zugänglich machen. Für den Fall, dass gegen den Vertrag verstoßen wird, wird eine Kompensationszahlung vereinbart. Peter zahlt nicht (obwohl er keine Reklamation hat). Begründung: Er hält es für unmoralisch, Geld für Software zu nehmen. Paul macht die Software Dritten zugänglich. Begründung: Er hält es für unmoralisch, auf Software ein »Monopol« (wie er es nennt) zu erheben. Besteht zwischen dem Vertragsbruch des einen und des anderen ein Unterschied? Wie wird ein Richter des Marktes entscheiden und den Fall lösen?

 

25.

Das Mittel der Wahl. — Übrigens kann man sich auch andere Reaktionen des Softwareentwicklers vorstellen, als sich an einen Richter des Marktes zu wenden. Er könnte z.B. den Vertragsbruch publik machen. Soziale Isolation von vertragsbrüchigen Geschäftspartnern war in der Phase der ökonomischen Entwicklung, als der Staat sich viel weniger ins Handelsrecht eingemischt hat, eine der wirksamsten Sanktionen und ein wirksames Mittel, Vertragstreue zu erreichen.

 

26.

Kontingenz. — Im Anschluss an Wendy McElroy wende ich mich gegen alle Aussagen, in einer anarchokapitalistischen Gesellschaft würde etwas genau »so oder so oder so« aussehen und geregelt. Es wäre ein Missverständnis, dass ich z.B. behaupte, es würde einen genau definierten Kopierschutz (Bücher, CDs, Software) geben. Im Gegenteil. Wie sich’s regelt, wissen wir nicht. Unser Rechtsverständnis ist derart durch den Staat und die Möglichkeit, einheitliche Regeln gegen Rechtsempfinden und Alltagsverstand durchzusetzen, geprägt, dass wir sehr schwer von dem Gedanken lassen können, wir müssten vorab präzise wissen, wie eine bestimmte Frage geregelt werden wird. Genau genommen lautet das anarchokapitalistische Argument umgekehrt, die Gesellschaft könne nicht geplant oder konstruiert werden. Nur in dieser Hinsicht wende ich mich gegen jene, die behaupten, eine ganze Gruppe von Verträgen sei vorab als ungültig zu erklären.

 

27.

Freie Fahrt für freie Bürger? — Es gibt auch Libertäre, die meinen, in einer nicht-staatlichen Gesellschaft gäbe es keinen Helm- oder Anschnall-Zwang. Die Antwort ist klarerweise, dass es keinen solchen Zwang als gesetzlich-allgemeinen geben kann. Sehr wohl werden aber Straßenbetreiber und vor allem Versicherungsfirmen Bedingungen stellen, die sich sicherlich sehr strikt an das halten werden, was sinnvoll ist. Versicherungsmathematik ist unbestechlich. Und wenn Helmtragen beim Fahrradfahren die Schwere der Verletzungen im Schnitt senkt, werden Versicherungen, die kein Helmtragen verlangen, ganz einfach deutlich teurer sein und man kann sich entscheiden. Walter Block hat das Bonmot geprägt: »Wären Straßen Privatunternehmen und unterlägen den üblichen Sicherheitsvorschriften, hätten sie längst geschlossen werden müssen.«

 

28.

Rassistische Implikationen? — Angenommen, »Harry Potter« sei von einer Rassistin geschrieben worden, die in ihre Lizenz schreibt: »Dieses Buch darf nur an Weiße veräußert und verliehen werden. Ich untersage, es Neger lesen zu lassen.« Jemand, der von den Büchern begeistert ist, und sich auf die Lizenzvereinbarungen einlässt, müsste sich gegenüber seinen schwarzen Freunden, wie ein Rassist verhalten, wenn diese ihn bitten, »Harry Potter« lesen zu dürfen. Ist die Lizenz ungültig? Nein, der Fehler liegt früher: Solch einem Vertrag sollte ich gar nicht erst zustimmen. Wenn ich ihm zustimme, bin ich an ihn gebunden. Aber wenn es solch eine Bedingung für »Harry Potter« gegeben hätte, wäre es wohl nicht zu einem solch beliebten Buch geworden – außer eben unter Rassisten. Das gleiche Argument lässt sich auf einen weiteren Fall anwenden: Gesetzt, ich gehe gern in eine Eckkneipe, wo ich alle meine Kumpel treffe. Dass der Wirt Rassist ist, der ein Schild in der Tür hat: »Zutritt nur für Weiße« (oder: Schwarze, oder Lesben, oder Heteros oder …), nehme ich kaum wahr, denn meine Kumpel und ich sind Weiße (oder …). Nun besucht mich ein Freund, von dem ich zwar weiß, dass er schwarz ist, aber viele Gedanken habe ich mir bisher darüber nicht gemacht. Natürlich gehe ich mit ihm in die Kneipe und der Wirt verweist meinen Freund. Hat er dazu das Recht? In einer libertären Gesellschaft: Ja. Ich hoffe, dass meine Kumpel wie ich sich eine neue Kneipe suchen. Aber den Wirt zwingen, jemanden als Gast zu akzeptieren, den er nicht will, wäre Unrecht. Die Erfahrung mit Marktprozessen zeigt allerdings, dass solcher Art Rassismus wegen des Preises der Diskriminierung schnell verschwindet.

 

29.

In gleicher Weise können wir vermuten, dass in einer anarchokapitalistischen Gesellschaft komplexe, diskriminierende und schwierig durchzusetzende Formen von Kopier- und Weitergabeschutz keine Chance haben. Stattdessen werden andere Formen entwickelt werden, mit den Produzenten von Wissen oder Unterhaltung ihre Produkte in Waren umwandeln. Aber mein Wissen ist so wie das von jedem anderen erst einmal nicht unbeschränkt zugänglich. Ich bestimmte, unter welchen Bedingungen ich es preisgebe.

 

30.

Patentlösung? — Patente sind noch mehr eine Kreation des Staates als das Urheberrecht. Während es praktisch ausgeschlossen ist, dass ein zweiter meinen Roman »Dein Name sein Menschenfischer« ohne ihn zu kennen ganz genauso schreibt, ist es sehr wohl häufig, dass eine Erfindung unabhängig voneinander zwei Mal gemacht wird. Dennoch: Auch hier gilt, dass es Verkauft mit Bedingungen gibt. Man kann ein Gerät verkaufen mit der Bedingung, es nicht zu ändern oder zu manipulieren oder zu kopieren. Aber, wie immer im Recht, es müsste eben, wenn ein ähnliches Gerät in Umlauf kommt, bewiesen werden, dass es eine Kopie ist und wer sie gemacht hat (und ob der in einem Vertragsverhältnis mit dem ersten Erbauer steht).

 

31.

Wer nicht selbst etwas erfinden, schreiben oder programmieren kann, ist in jedem System abhängig von den Erfindungen etc. Anderer. Menschen sind meist bloß bereit, ihre Erfindungen zu vergesellschaften, wenn sie auch etwas damit verdienen. Eine Situation herzustellen, in der Erfinder nichts verdienen und durch Staatsgewalt gezwungen werden, ihre Erfindungen preiszugeben, tendiert dazu, dass keine Erfindungen gemacht werden (wie z.B. im alten Ostblock). Staatlicher Patentschutz ist unrecht; in einer anarchokapitalistischen Gesellschaft muss jeder selbst bestimmen können, unter welchen Bedingungen er seine Erfindungen veröffentlicht. Niemand darf ihn zu anderen Vertragsbedingungen zwingen. Manche dagegen gehen einfach vom Staatsrecht aus und sagen: »Wir wissen, welche Verträge wie gestaltet sein müssen.« Ohne Staat geht das allerdings nicht. Wenn man die Erfinder zwingt, ihr Wissen kostenlos preiszugeben, wird es weniger Erfindungen geben. Der Wohlstand sinkt. Weder darf eine (Staats-) Macht die Erfinder zwingen, ihre Erfindungen kostenlos abzugeben, noch darf eine (Staats-) Macht ihnen einen Monopolschutz geben. Sie müssen mit ihren Kunden Verträge schließen und zwar solche, die sich überprüfen lassen. Das wird der Markt regeln, niemand anderes.

[1] Wendy McElroy 1982, zit. n. Alan Burris, A Liberty Primer, Rochester, NY 1983, S. 310.

[2] Für Libertäre, die einen Minimalstaat anstreben, der innere und äußere Sicherheit und das Rechtssystem umfasst, stellt sich die Frage anders: Sie würde durch die gegebenenen Entscheidungsprozesse des Staates, sei er demokratisch oder autoritär verfasst, in einem positiven Rechtsgrundsatz festgelegt.