Stefan Blankertz
Bildung als Herrschaft
Vortrag auf dem Liberty Sunrise Sommerkamp des Martin Gartenschläger Instituts in der Schützenhalle Bleiwäsche am 11. August 2022.
Titel
GLEICH MACHT UNGLEICH. Der Titel enthält zwei Anspielungen. Die eine weist auf den inspirierenden, 1974 verstorbenen Pädagogen Heinz-Joachim Heydorn (1916-1974), Marxist, Sympathisant des anti-marxistischen Anarchisten Gustav Landauer (1870-1919) und konservativer Kritiker der sozialdemokratischen Schulreform der 1970er Jahre. Er prägte den denkwürdigen Slogan, die Gesamtschule sei «Ungleichheit für alle». Die andere Anspielung weist auf George Orwells (1903-1950) «Farm der Tiere» (1945) mit dem Slogan der Schweine nach der egalitären Revolution: «Alle Tiere sind gleich. Aber manche sind gleicher.»
Aufbau
Mit zwei zentralen Überlegungen zeige ich auf, inwiefern die herrschende Bildungspolitik im Dienst der Ungleichheit steht, auch und gerade wenn sie Gleichheit als ihr Ziel deklariert. Die erste Überlegung betrifft die ebenso alte wie falsche Fragestellung, ob die Bildungsfähigkeit eines Menschen durch seine Umwelt bzw. sein soziales Milieu oder durch seine Gene bzw. Erbanlagen bestimmt sei. In der zweiten Überlegung lege ich dar, dass eine Vereinheitlichung der Schul- und Uniabschlüsse und die Konzentrierung auf das Ziel, möglichst viele Kinder zu möglichst hohen Abschlüssen zu pushen, als Instrumente dienen, um eine staatliche Berufsprivilegierung zu garantieren. Abschließend erwähne ich einige historische und gegenwärtige Alternativen zur herrschenden Bildungspolitik.
Gleiche Umwelt, unterschiedliche Ergebnisse:
Das Umwelt-Erbe-Modell
Umwelt bzw. soziales Milieu oder Gene bzw. Erbanlagen? Es ist eine erbitterte Schlacht, in der Glaube und Treue, nicht aber Rationalität und Redlichkeit den Ausschlag geben. Ich kann mir zwar erklären, warum etliche Libertäre auf die extrem kollektivistische Vorstellung zurückgreifen, das Schicksal eines einzelnen Menschen sei unveränderlich in seinen Genen festgeschrieben, aber dennoch bin ich jedes Mal wieder erschrocken, mit welcher Unverfrorenheit hier auf eine «Wissenschaft» referiert wird, die es genauso wenig gibt wie diejenige der Klimadogmatiker. Freilich sieht es auf der Gegenseite, den Verfechtern der Umwelt- oder Milieu-These, nicht besser aus. Statt Argumente bringen sie meist nur vor, der genetische Ansatz sei «ungerecht» oder «rassistisch». Und natürlich ist die Behauptung, im Verhalten des Menschen, der ein biologisches Wesen ist, spielten Gene keine Rolle, wenig überzeugend. Die Unversöhnlichkeit in der Debatte zwischen Umwelt oder Genen, die das menschliche Verhalten, die Intelligenz des Menschen usw. bestimmen, stammt daher, dass ihr Ausgang zu entscheiden scheint, ob die Menschen ungleich seien und ihre Gesellschaft dementsprechend durch permanente Ungleichheit strukturiert bleiben müsse oder ob man eine egalitäre Gesellschaft anstreben könnte. Ich werde zeigen, inwiefern beide Seiten der Debatte Unrecht haben.
Zum Verhältnis von Umwelt- und Gen-Einflüssen auf ein beliebiges Merkmal eines biologischen Wesens habe ich Anfang der Nullerjahre ein Modell entwickelt,[1] das einige Zahlen und Statistiken beinhaltet, aber in den logischen Grundzügen ganz ohne dieses Beiwerk auskommt. Es ist an Überlegungen und Experimente des marxistischen Biologen Richard Lewontin (1929-2021) angelehnt, der letztes Jahr verstorben ist.[2]
Das Modell setzt zwei Grundannahmen voraus. Die erste Grundannahme des Modells lautet, es gebe zwei und nur diese zwei Einflussfaktoren, nämlich Umwelt und Gene. Diese Grundannahme ist übrigens falsch. Gene sind keine konstante Größe. Die Epigenetik beschäftigt sich damit, inwieweit Gene in Abhängigkeit der Umwelt und vielleicht sogar des Zufalls wirksam oder unwirksam sind. Die Gen-Umwelt-Interaktion, als die das Phänomen bezeichnet wird, macht die Unterscheidung zwischen dem, was auf Umwelt- und was auf Gen-Einfluss zurückzuführen ist, in der Wirklichkeit schwierig bis unmöglich, sprengt aber das Modell nicht. Zudem würde beim Menschen jeder verständige Beobachter ebenso davon ausgehen, dass neben der Prägung durch Gene und Umwelt ein Faktor individueller Entscheidung hinzugerechnet werden müsse. Die Hinzunahme des Faktors individueller Entscheidung sprengt die übliche Art, biologische, psychologische und soziologische Aussage über die Gesetzmäßigkeit von Entwicklung oder Verhalten zu machen.[3] Dementsprechend sollten wir vorsichtig sein, die Ergebnisse des Modells auf die Wirklichkeit anzuwenden.
Mein Umwelt-Gen-Modell konstituiert sich in einer logischen Beziehung: Wenn Individuen mit identischer genetischer Ausstattung unter differenten Bedingungen sich entwickeln und leben, beruhen 100% ihrer Unterschiede auf dem Einfluss der Umwelt. Identische Genotypen in unterschiedlichen Umwelten führen zu: 100% aller phänotypischen Unterschiede sind umweltbedingt. Dagegen beruhen 100% der Unterschiede zwischen Individuen mit differenter genetischer Ausstattung in identischem Milieu auf ihren Erbanlagen. Unterschiedliche Genotypen in identischer Umwelt führen zu: 100% aller phänotypischen Unterschiede sind genetisch bedingt. Aber Achtung: Dass die Unterschiede genetisch bedingt sind, heißt eben nicht, dass sie invariant (mithin unveränderlich) seien. Für den einen Genotypen mag die für alle identische Umwelt förderlich, für den anderen hinderlich sein. Der Genotyp, für den sie hinderlich ist, könnte sich in einer anderen Umwelt besser entfalten.
Natürlich können wir dies Modell bei Menschen nicht beobachten, nicht einmal bei anderen komplexen Tieren. Lewontin griff bei seinen Experimenten darum auf Pflanzen zurück, genauer gesagt Schafgarben aus der Familie der Kornblütler. Allerdings gilt die logische Beziehung zwischen den beiden Einflussfaktoren Umwelt und Gene von den Experimenten völlig unabhängig.
Während die Verfechter der Milieutheorie jeden Einfluss der Erbanlagen in Abrede stellen, gehen viele oberflächliche Verfechter der Gen-Theorie davon aus, die Erbanlagen würden zu einem unabänderlichen Schicksal führen, etwa in der Art: Wer von seinen Genen her zu höherer Bildung nicht geeignet sei, solle von ihr auch ausgeschlossen werden. Natürlich bleibt völlig im Dunkeln, ob man überhaupt wissen kann, dass die konkrete Person X von ihren Genen her für höhere Bildung geeignet sei oder nicht, um sie per Dekret dann zu ihr zuzulassen oder von ihr auszuschließen. Wer meint, die Eignung sei doch durch die Zeugnisnoten festzustellen, dem halte ich entgegen: Das Kriterium der Zeugnisnoten unterscheidet eben nicht, ob die Eignung (oder Nichteignung) auf Erbanlagen oder auf Milieueinfluss beruht. Darüber hinaus geht meines Wissens kein einziger Forscher davon aus, der Einfluss der Erbanlagen, «Heritabilität» genannt, betrage bei der Intelligenz 100%. Die Schätzungen liegen meist um die 50%.[4] Schätzungen, weil … genaues weiß man nicht.
Wenn also selbst in dem simplifizierenden Modell mit nur den zwei Einflussfaktoren Umwelt und Gene weder von einer völligen Determinierung durch das soziale Milieu noch einer durch die Erbanlagen auszugehen ist, folgt aus dem logischen Zusammenhang der beiden Faktoren, dass die Ungleichheit der Erbanlagen um so schärfer hervortritt, je gleicher die Umwelt gestaltet ist. Nochmals: Je gleicher die Umwelt gestaltet ist, um so schärfer tritt die Ungleichheit der Erbanlagen hervor. Dies entsprich übrigens auch den Ergebnissen, die Richard Herrnstein (1930-1994) und Charles Murray vorgelegt haben; ihr Buch «The Bell Curve» war in den 1990er Jahren ein große Aufreger, weil sie vermeintlich bewiesen hatten, Schwarze seien aufgrund ihrer Erbanlagen durchschnittlich weniger bildsam als Weiße oder Asiaten. Herrnstein und Murray schreiben: «Heritabilität [also Erblichkeit eines Merkmals] steigt um so mehr an, je einheitlicher die Umwelt wird.»[5] Wenn sie ein bisschen nachgedacht hätten, wäre ihnen aufgefallen, dass die durch die sozialdemokratischen Reformen vereinheitlichten Umweltbedingungen für das durchschnittlich schlechtere schulische Abschneiden der Jugendlichen aus dem afroamerikanischen Milieu verantwortlich sind.[6] Merkwürdigerweise hatte Charles Murray genau das rund 15 Jahre vor «The Bell Curve» festgestellt.[7] Aber bei Konservativen ist Denken eben auch Glückssache wie bei den Sozialdemokraten, und jene haben hierbei ebenso selten Glück wie diese.
Denn was tut ein Gärtner, der den berühmten «Grünen Dauen» hat, mit seinen unterschiedlichen Pflanzen? Behandelt er sie alle gleich? Wohl kaum. Vielmehr wird er bemüht sein, für jede Pflanze die Umweltbedingungen zu schaffen, unter denen sie am besten gedeiht. Wie wir dies übertragen auf die menschlichen Pflanzen – «Kindergarten» legt diese Analogie ja nahe – verwirklichen könnten, zeige ich im dritten Teil. Nun will ich aber darauf eingehen, warum die Bildungspolitik von der Vereinheitlichungswut nicht lassen will.
Das Verhängnis der Schule:
Ungleichheit für alle
Für das Folgende ist es unerheblich, ob die Unterschiede zwischen Kindern (und Jugendlichen, aber auch Erwachsenen) auf ihren Erbanlagen, auf der Herkunft aus ihren jeweiligen sozio-ökonomischen und sozio-kulturellen Milieus oder auf ihren ureigenen Entscheidungen beruhen. Wesentlich ist nur die Tatsache, dass es solche Unterschiede gibt, dass demnach von einer ursprünglichen Gleichheit nicht ausgegangen werden kann.
Seit gut 200 Jahren und mächtig verstärkt seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben wir eine Entwicklung, die den Zugang zu Wirtschaft und Gesellschaft für die nachwachsende Generation auf den Erfolg in Schule und den sich ihr anschließenden akademischen Institutionen konzentriert. Das Schulzeugnis oder das in einer Universität erworbene Zertifikat wird zur Vorbedingung für die Erlaubnis, bestimmte Berufe auszuüben – wobei die Hürde der zu erreichenden Abschlüsse immer höher, die Verweildauer in den fremdbestimmten Institutionen immer länger und die Zahl der betroffenen Berufe immer größer wird. Die herrschende Geschichtsschreibung, Soziologie und Erziehungswissenschaft benennt diesen Vorgang als etwas, das notgedrungen und unvermeidlich bei der industriellen Entwicklung eintrete, sowie als etwas, das höchst wünschenswert sei.
In den ersten drei Dekaden der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es an dieser Erzählung im Dienst der Herrschenden durchaus Kritik. Ich nenne hier nur zwei wichtige Namen: Paul Goodman (1911-1972) und Ivan Illich (1926-2002). Ivan Illich betonte, dass er seine Ideen wesentlich von Paul Goodman bezog. In den 1970er Jahren wurde sein Buch «Entschulung der Gesellschaft» (1971) auch in Deutschland rezipiert. Am Rande möchte ich für diejenigen, die sich mit der Kritik an Corona-Maßnahmen und Zwangsimpfungen beschäftigen, sein Buch «Die Enteignung der Gesundheit» (1975) ans Herz legen, heute unter dem Titel «Nemesis der Medizin» noch erhältlich. Paul Goodman als Anarchist mit Wurzeln im nordamerikanischen klassischen Liberalismus wurde in Deutschland ausgenommen von mir völlig ignoriert, obgleich sein Einfluss auf die linke Protestbewegung in den USA bis Mitte der 1960er Jahre deutlich größer als die des Marxisten Herbert Marcuse (1898-1979) war. 1964 hatte Goodman das Buch «Compulsory Mis-education» geschrieben, deutsch in meiner Übersetzung 1975 unter dem Titel «Das Verhängnis der Schule» publiziert. Murray Rothbard (1926-1995) schätzte Goodman und schloss sich seiner Schulkritik an. Die These dieser Schulkritiker lautete: Die staatlich institutionalisierte Schule löse die Probleme nicht wie versprochen und sei objektiv auch nicht notwendig.
Interessanterweise hat sich die libertäre Szene jedenfalls in Deutschland viel eher an die konservative Erzählung angeschlossen, die lautet: Die sozialdemokratische Schulreform der 1960er Jahre habe die an sich gute Schule zerstört, das Niveau gesenkt und ungeeignetes Menschenmaterial in die Schulen geschleust, und damit diese wunderbaren staatlichen Institutionen ruiniert. Man lobt das konservative Bayern, wo doch viel mehr Schüler bei der Abiturprüfung durchfallen. Da sieht man, wo Zucht und Ordnung und Niveau herrscht. Freilich sollte sofort einleuchten, dass es sich nur eine staatlich finanzierte Institution, denen die Kunden zudem zwangsweise zugeführt werden, erlauben kann, Versager zu produzieren.
Schulpflicht
Wenn es darum geht zu erklären, wie das staatliche Schulsystem auch ohne gesellschaftlich-ökonomisch gesehen objektive Notwendigkeit sich hat durchsetzen können, steht an erster Stelle die Schulpflicht. Die Idee der Schulpflicht kam im Zusammenhang mit der Reformation während des 16. Jahrhunderts auf. Martin Luther (1483-1546) und Johannes Calvin (1509-1564) wollten die allgemeine Schule als Waffe einsetzen im Kampf gegen den Teufel, namentlich dessen irdischer Inkarnation als katholische Kirche. Heute begegnet diese ideologische Rolle schulischer Erziehung in säkularisierter Form, alle Kinder müssten ein Mindestmaß an Jahren in der Schule verbringen, um einen gemeinsamen Wertekanon zu garantieren; euphemistisch wird das «soziale Integration» genannt. Von wirtschaftlicher Notwendigkeit keine Spur. Unabhängig davon leuchtet unmittelbar ein, dass eine mit einer Nutzungs-Pflicht, sprich: einem Nutzungs-Zwang bewehrt Institution nicht nachweisen muss, nützlich oder gar notwendig zu sein. Die Tatsache, dass es einer Schulpflicht bedarf, deutet vielmehr hin auf die Existenz von Zweifeln an einer alternativlosen Notwendigkeit des Besuchs einer Schule.
Die Verfechter der Schulpflicht wenden und wandten an dieser Stelle ein, es seien durchweg böswillige Eltern, die ihren Kindern die Lebenschancen versauen, um sie frühzeitig arbeiten zu lassen, mithin ausbeuten zu können. Meist meint man hiermit Bauern; wobei «man» solche Leute bezeichnet, die von bäuerlich-familiärer Reproduktion keinen blassen Schimmer haben. Doch dass Schulbildung mit Lebenschancen assoziiert sei, ist ebenfalls alles andere als ein objektiver Faktor; denn die Ursache dieser Assoziation ist das Berechtigungswesen.
Berechtigungswesen
Neben der unmittelbaren Schulpflicht wirkt das Berechtigungswesen sich mittelbar so aus, dass der Zugang zum ökonomischen und sozialen Leben nur über den Weg eines zertifizierten Schulbesuchs möglich ist: Die Erlaubnis, bestimmte Berufe auszuüben, hängt an die Vorlage gewisser Berechtigungsscheine, sprich: Schulzeugnisse. Freilich macht dies den Schulbesuch notwendig, aber nicht aus sachlichen Gründen, sondern aus Gründen einer willkürlichen Setzung einer Zugangsregel, das heißt: einer Zugangsschranke.
Die Zugangsregel, ein Schulzeugnis sei nötig, um die Berechtigung zur Ausübung eines entsprechenden Berufs zu erlangen, rechtfertigt man mit dem Hinweis, die Qualität der Berufsausübung solle gesichert werden. Meist zieht man den Arztberuf als Beispiel heran, weil bei diesem die Rechtfertigung besonders augenfällig zu sein scheint. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn es um Qualität ginge, würde es hinreichen, die Regel zu setzen, wer einen solchen in Frage stehenden Beruf ausüben wolle, müsse nachweisen, über die erforderlichen Fähigkeiten A, B und C sowie die Kenntnisse X, Y und Z zu verfügen. Gerade beim Arztberuf ist die Vorstellung, dass ein Einserdurchschnitt im Abitur eine spezielle fachliche oder menschliche Befähigung darstelle, diesen zu erlernen, ganz besonders wenig überzeugend. Wenn es nicht um Qualität geht, worum geht es dann beim Berechtigungswesen? Es gibt zwei Funktionen des Berechtigungswesen:
1. Das Berechtigungswesen schränkt die Zahl derjenigen ein, die den jeweiligen Beruf ergreifen dürfen. Damit ist das Berechtigungswesen ein Instrument berufsständischer Politik, die darauf abzielt, die Zahl der Berechtigten kleiner zu halten, als sie wäre gemäß der Nachfrage sowohl der Kunden dieser Berufe wie auch derer, die diesen Beruf ausüben wollen. Das Berechtigungswesen ist Ausbund von Planwirtschaft; es fixiert die Einkommen der den jeweiligen Beruf Ausübenden über dem Marktniveau; derart vergrößert es die Kosten für ihre Kunden und senkt die Verfügbarkeit der Arbeits- oder Dienstleitung.
2. Sobald wir feststellen, dass Schule der Weg ist, der sich nur für eine ganz spezielle sozio-ökonomische und sozio-kulturelle Schicht eignet, erkennen wir eine zweite Funktion der Schulpflicht im Verein mit dem Berechtigungswesen: Die Engführung des Zugangs zu Gesellschaft und Wirtschaft über das Nadelöhr der Schule wirkt als soziale Beschränkung. Der französische Soziologe Pierre Bourdieu (1930-2002) meinte, die Funktion der staatlichen Schule bestehe darin, die Kinder der Armen zu entfernen.[8] Dies sagte er in seinen Vorlesungen über den Staat Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre, bevor er zum Etatisten und Liberalen-Fresser wurde. Übrigens erwähnt er keine weitere oder eine mögliche andere Funktion der staatlichen Schule; das sollten sich die, die heute sich so gern auf ihn berufen, mal auf der Zunge zergehen lassen.
Die Erkenntnis, die Schule begünstige eine bestimmte gesellschaftliche Schicht, lässt sich nutzen, um die Ideologie zu entlarven, die hinter der Vorstellung steht, den Armen oder anderen angeblich oder wirklich unterprivilegierte Gruppen, etwa ethnisch-religiöse Minderheiten, solle mittels deren verstärkter Teilnahme am Schulsystem geholfen werden. Die Evidenz ist freilich erst einmal und scheinbar ganz auf der Seite dieser Vorstellung: Jeder kann nachprüfen, dass die besseren Jobs und die größeren Verdienstmöglichkeiten denen offen stehen, die einen höheren Schulabschluss vorweisen können. Allerdings haben wir im Laufe der Überlegungen bereits gelernt, dass es keiner objektiven Notwendigkeit entspringen muss, wenn die Ausübung eines gut bezahlten Berufs an das Vorliegen eines bestimmten Zeugnisses gebunden ist.
Aber der Unsinn der Annahme, höhere Schulbildung würde zwangsläufig bessere Berufschancen nach sich ziehen, geht noch weiter: Gesetzt, es sei eine Stelle ausgeschrieben, für die ein Prädikatsexamen verlangt wird. Auf die Stelle bewerben sich 100 Personen. Der Personalverantwortliche sortiert die 90 aus, die sein erwartetes Kriterium nicht erfüllen, und beschäftigt sich mit den 10 restlichen, die das Prädikat im Examen vorweisen können. Unter ihnen wählt er einen aus. Die 10 haben die Chance, weil sie über das verlangte Prädikat verfügen. Falls aber alle 100 das Prädikat erreicht hätten, müsste der Personalverantwortliche ein weiteres Kriterium bei der Auswahl zugrunde legen, genau wie er es jetzt bei jenen
10 Bewerbern tun muss, die das Kriterium des Prädikats eingehalten haben. Er würde nicht alle 100 einstellen, genau wie er jetzt nicht 10 Bewerber einstellt, sondern ein weiteres Auswahlverfahren einleitet. Wir lernen daraus: Höhere Schulbildung garantiert genau dann bessere sozio-ökonomische Chancen, wenn gerade nicht alle über sie verfügen. Sobald ein bestimmtes Niveau von Schulbildung allgemein erreicht ist, wird eine neue, weitere Stufe darauf gesetzt. Einst rechte der Hauptschulabschluss, um eine Lehre machen zu dürfen, heute wird bei vielen Lehrberufen bereits das Abitur vorausgesetzt.
Diejenigen, die eine größere gesellschaftliche Gleichheit durch eine Angleichung der Schulbildung erreichen wollen, erliegen demnach vorderhand zwei Fehlschlüssen: Sie gehen erstens davon aus, dass der jetzt aufgrund des Fehlens eins höheren Abschlusses Benachteiligte dann die Chance habe, den Job zu bekommen, in dem er heute abgelehnt wird, falls er dereinst die gleiche schulische Qualifikation vorlege wie die Mitbewerber. Nichts begründet diese Annahme. Und zweitens gehen die Verfechter der Angleichung schulischer Abschlüsse zur Erreichung größerer sozialer Gleichheit davon aus, dass für jeden mit einem höheren Abschluss der entsprechende Job zur Verfügung stehe. Das ist Aberglauben, mehr nicht.
Es gibt noch einen dritten Fehler in der Argumentation der Verfechter von Angleichung schulischer Abschlüsse. An dieser Stelle komme ich auf das Ergebnis der Überlegung zur Umwelt-Erbe-Diskussion zurück. Sofern es stimmt, dass für gewisse biologische Genotypen oder kulturelle Phänotypen die Schule keine geeignete Umwelt darstellt, in der sie gedeihen, führt der Versuch, die schulischen Abschlüsse anzugleichen, nicht nur nicht zur Verringerung der Ungleichheit, nein, der Versuch führt darüber hinaus zu einer Intensivierung der Ungleichheit. Dies meinte Bourdieu damit, die staatliche Schule sei dazu da, um die Kinder der Armen (oder anderer missliebiger Minderheiten) aus der Gesellschaft zu entfernen. (Dies nenne ich die Goodman-Hypothese. Denn Goodman formulierte sie lange vor Bourdieu.)
Noch ein Wort zum indirekten Berechtigungswesen. Nicht nur sind Berechtigungen staatlich vorgeschriebene Hürden für die Ausübung oder Erlernung bestimmter Berufe, auch Unternehmen verlangen bestimmte Schul- oder Uniabschlüsse, wenn sie eine Stelle ausschreiben. Ohne den staatlich vorgegebenen Berechtigungsnachweis ist bei Unternehmen allerdings stets eine größere Flexibilität gegeben, eventuell auch jemanden einzustellen, der über den favorisierten Abschluss nicht verfügt, wenn sie keinen geeigneten entsprechend zertifizierten Bewerber finden. Sei dem, wie es wolle; warum definieren Unternehmen überhaupt staatliche Abschlüsse als Einstellungskriterium, selbst in Fällen, wo dies nicht staatlich vorgegeben wird? Zeigt dies nicht, dass die Abschlüsse notwendig oder wenigstens wünschenswert sind? In der Tat dürfen die Abschlüsse in diesem Fall nicht völlig dysfunktional sein. Doch beweist, dass die Unternehmen sie voraussetzen, nicht die ökonomische Rationalität der Abschlüsse. Da die Unternehmen die Abschlüsse nicht direkt bezahlen, kann es durchaus sein, dass es ziemlich ineffizient ist, sie zu erwerben. Betrachten wir also die Finanzierung der staatlichen Schule!
Finanzierung
Damit sind wir least not least bei der Frage der Finanzierung der öffentlichen, das heißt staatlichen Schule. Die Finanzierung der Schule über Steuern ist neben Schulpflicht und Berechtigungswesen ein eigenständiger Motor, die Schule als notwendig oder unausweichlich erscheinen zu lassen. Die Leistung der Schule haben die Eltern und die Unternehmen bereits indirekt durch ihre jeweiligen Steuern bezahlt. Sie nicht in Anspruch zu nehmen, würde bedeuten, auf die bereits bezahlte Leistung zu verzichten. Eine andere, private Institution in Anspruch zu nehmen, die eine Gebühr erhebt, würde darüber hinaus bedeuten, die jeweilige Leistung doppelt zu bezahlen – einmal per Steuern die nicht genutzte Leistung und das andere Mal per Gebühr die genutzte Leistung. Sofern die Leistung der Schule ökonomisch betrachtet nicht Null beträgt (oder gar unter Null sinkt, sich also schädlich auswirkt), ist es bei ökonomischem Kalkül rational, sie auch zu nutzen. Rational ist es nämlich, die Leistung der Schule voll zu nutzen und eventuelle Defizite durch Hinzukauf zu ergänzen; im Fall der Eltern etwa durch Nachhilfe, im Fall der Unternehmen etwa durch Maßnahmen der beruflichen Fortbildung.
Es war übrigens Milton Friedman (1912-2006), der diesen Mechanismus für die Aufrechterhaltung des Monopols der staatlichen Schule 1955 aufdeckte. Die Präzisierung, dass der Mechanismus ökonomisch gesehen nur gilt, wenn die Funktionalität der Schule nicht Null oder weniger beträgt, stammt, soweit ich weiß, von mir.
Was bedeutet die Finanzierung der Schule per Steuern bezogen auf das Thema, inwiefern Gleichheit ungleich macht? Der für alle Bürger gleiche Anspruch auf Schule nutzt offenbar denen, deren Kinder in der Schule reüssieren. Er schadet offenbar denen, die in der Schule versagen. Auch hier fällt der Befund also eindeutig aus: Gleich macht ungleich.
Alternativen zur Schule:
Markt statt Befehl
Zum Abschluss möchte ich einen Überblick geben über mögliche Alternativen zur Schule, zur staatlich finanzierten, organisierten und mit Schulpflicht ausgestatteten Schule, die das Unglück für so viele Kinder, Jugendliche, aber auch Lehrer bedeutet. Zur Erinnerung: Der Lehrerberuf ist der mit einer der höchsten Raten an Frühverrentung überhaupt. Der Grund für die Frühverrentung liegt meist in psychischen Erkrankungen. Die Schule scheint eine psychisch ungesunde Umgebung zu sein.
Das Wichtigste vorab: Wenn auch im Bereich der Schule Markt statt Befehl eingeführt würde, würden vielleicht viele verschiedene Institutionen der Betreuung, Bildung und Ausbildung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen entstehen oder einige wenige Anbieter würden sich durchsetzen – eins aber gäbe es nicht: Dass einer der Anbieter damit prahlen könnte, dass er seine Kunden unglücklich und lebensunfähig macht. Eltern würden für ihre Kinder oder Kinder für sich selbst vermutlich zahlreiche Fehlentscheidungen treffen, wie das auf jedem Markt geschieht; doch alle Anbieter würden sich nach Kräften bemühen, die Fehlentscheidungen durch Beratung so gering wie möglich zu halten und durch kompensierende Maßnahmen dann abzufangen, wenn sie doch vorgekommen sein sollten.
Eine Schulpflicht wurde wie gesagt ab dem 16. Jahrhundert diskutiert, seit dem 28. September 1717 besteht sie in Preußen. Doch flächendeckend durchgesetzt werden konnte sie erst im Laufe des beginnenden 20. Jahrhunderts. Lange waren die staatlich eingerichteten Schulen schlecht, es herrschte Prügelstrafe, die Inhalte waren auf ideologische Linientreue ausgerichtet, oft mussten die Eltern obendrein noch Schulgeld berappen. Als mit der zunehmenden Industrialisierung die Verfügung über die Kulturtechniken sich wirtschaftlich auszahlte, organisierten Arbeiter eigene Schulen für ihre Kinder. In einer Studie von 1975 zeigte der britische Wirtschaftshistoriker E.G. West (1922-2002) für England im
19. Jahrhundert, dass bereits vor Einführung der staatlichen kostenlosen Schule eine völlige Alphabetisierung in den industriellen Zentren erreicht worden war.[9] Seine bahnbrechende Studie «Education and the Industrial Revolution» kann ich jedem am Thema Interessierten nur ans Herz legen; in der Erziehungswissenschaft wird die Studie seit 50 Jahren völlig ignoriert. Wenn ich je einen Lehrstuhl in der Erziehungswissenschaft bekommen hätte, würde es heute eine Studie über die übel beleumundeten Winkel- und Klippschulen in Preußen geben. Sie gibt es nicht; sondern nur die Frage: Wenn diese Schulen, die von der deutschen Erziehungswissenschaft ohne jede genauere Untersuchung pauschal als ungenügend verdammt werden, so übel waren, warum haben die Eltern sie dann für ihre Kinder freiwillig bezahlt? Warum sind die Kinder hingegangen, statt zu schwänzen? Warum haben die Kinder ihre Eltern nicht angefleht, sie zu den Schulen zu schicken, die der aufgeklärte König für die eingerichtet hatte? Der britische Professor für erzieherisches Unternehmertum, James Tooley, ursprünglich Mathematiker, dann so etwas wie der Nachfolger von E.G. West, weist nach, dass noch heute in allen Armenvierteln der Erde selbstorganisierte, private Alternativen zur Schule entstehen, wenn die staatlichen Schulangebote schlecht, für Mädchen unsicher erreichbar oder inhaltlich nutzlos sind.[10] Beim Lesen seines Buches «The Beautiful Tree» habe ich mehrfach vor Rührung geweint oder vor Wut über die Ignoranz von staatlichen Behörden und von internationalen etatistisch ausgerichteten Hilfsorganisationen diesen Initiativen gegenüber.
Von der traditionellen Ausbildung von Lehrlingen durch Mittun im betrieblichen Alltag hat sich nur in den deutschsprachigen Ländern ein Rest erhalten. In anderen Ländern wurde sie vernichtet, in Deutschland erdrückt sie Überregulierung und eine Berufsschule, die solche Standards setzt, dass ohne höheren Abschluss nichts mehr zu machen ist. Dabei gäbe es viele auch sogenannte bessere Berufe, in denen eine betriebliche Ausbildung möglich und sinnvoll wäre. Ich erinnere an die Dentisten in Konkurrenz zu den Zahnärzten, die durch die Übermacht der Ärztelobby verdrängt wurden. Den Beruf des Heilpraktikers kann man erlernen, wie man will, und muss seine Befähigung nur durch eine Prüfung nachweisen; auch das ist ein deutscher Sonderweg, der deutschen Ärztelobby ein Dorn im Auge.
Noch einige meiner Lieblinge möchte ich aus dem Arsenal traditioneller Alternativen nennen. Als erste Alternative fällt mir das Waisenhaus von August Hermann Francke (1663-1727) ein, einem Pietisten des 17. Jahrhunderts. Das Waisenhaus von Francke kam ganz ohne staatliche Unterstützung aus. Initial waren zwar Spenden, doch die Waisenkinder arbeiteten, bauten die Schule auf, warteten sie selber, betrieben eine Bäckerei, eine Buchdruckerei und eine Drogerie, die ihre Produkte europaweit auslieferte. Wenn die Kinder die sogenannten Franckeschen Anstalten verließen, waren sie ausgebildete und auf dem Arbeitsmarkt begehrte Handwerker. Übrigens dachte auch Johann Heinrich Pestalozzi (1743-1827) nicht daran, dass seine Methoden, die er in seinem Waisenhaus nach den Wirren der französischen Revolution in der Schweiz entwickelte, namens eines staatlichen preußischen Einheitsschulsystems zwangsweise von allen Lehrern bei allen Schülern angewandt werden sollte.
Im 19. Jahrhundert richtete Leo Tolstoi (1828-1910), Pazifist und Anarchist, auf seinem Gut eine freie Schule für Bauernkinder ein, bis die zaristische Polizei sie schloss. Tolstois Bericht über die Schule gehört zu den schönsten pädagogischen Texten überhaupt, und darin faszinierte mich immer schon besonders eine Bemerkung. Tolstoi steht am Fenster in seiner Schule und schaut den Kindern zu, wie sie den Hügel hinauf streben. Er sagt, wie sehr er sich freue, dass sie nicht nur nichts in den Händen hielten, sondern auch nichts im Kopf hätten außer die Gewissheit, dass es heute in der Schule genauso lustig sein werde wie gestern.[11]
Weiter im 19. Jahrhundert. Die beiden britischen Schulunternehmer Andrew Bell (1753-1832) und Joseph Lancaster (1778-1838) entwickelten die Methode, dass ein Lehrer eine Gruppe fortgeschrittener Schüler unterweise, die ihr neu erworbenes Wissen an eine nachfolgende Gruppe weitergebe. Dabei festigte die erste Gruppe ihr Wissen. Es war eine Methode, die es möglich macht, dass ein Lehrer eine große Wirksamkeit erzielt. Bis in die zweite Hälfte des
20. Jahrhunderts wurde diese Methode in deutschen einklassigen Dorfschulen eingesetzt. Die Erziehungswissenschaft hatte hierfür nur Verachtung übrig und legte es darauf an, diese Schulen zu eliminieren. Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre nutzte die Amerikanerin Marva Collins (1936-2015) die Landaster-Bell-Methode, um jungen schwarzen Erwachsenen, die trotz Absolvierung der Schulpflicht Analphabeten geblieben waren, die Kulturtechniken beizubringen. Ronald Reagan (1911-2004) und George Herbert Bush (1924-2018) waren so begeistert von Marva Collins, dass sie ihr das Erziehungsministerium anboten, was sie beide Male zurückwies.
Für das 20. Jahrhundert nenne ich die Schulen des katalanischen Anarchisten und Märtyrers Francisco Ferrer (1859-1909), das berühmte anti-autoritäre «Summerhill» von A.S. Neil (1883-1973) in England, die gestaltpädagogische Straßenschule von George Dennison (1925-1987) und Paul Goodmans Tochter Susan in einem New Yorker Brennpunkt, die Methoden von Rudolf Steiner (1861-1925), Maria Montessori (1870-1952), Peter Petersen (1884-1952), Paulo Freire (1921-1997), Ekkehard von Braunmühl (1940-2020), dem Begründer der «Antipädagogik», und so weiter und so fort. An Ideen fehlt es nicht. Welche sich auf dem Markt durchsetzen – oder wenigstens ihre feste Nische finden[12] – würden, wissen wir nicht.
Doch eins wissen wir. Wenn alternative Ideen sich gegenwärtig nicht durchsetzen, liegt keineswegs daran, wie Erziehungswissenschaftler gebetsmühlenartig vortragen, dass sie funktional unzulänglich oder unökonomisch seien. Denn die Vorherrschaft des gegenwärtigen Systems beruht nicht auf seiner Funktionalität oder seiner ökonomischen Effizienz, sondern einzig und allein auf der Kombination von Schulpflicht, Berechtigungswesen und Finanzierung per Steuern.
Nun noch ein Wort zum «Homeschooling», weil es unter Libertären so populär ist und fast als Allheilmittel für die gegenwärtige Schulmisere betrachtet wird. In vielen Diskussionen um die möglichen Alternativen zur öffentlichen Schule wird aufgrund der weitgehend durchgesetzten staatlichen Infrastruktur vieler Länder, so auch Deutschland, der Blick auf die Erlaubnis des Homeschooling eingegrenzt. Obwohl diese Erlaubnis aus der Perspektive der Freiheit sicherlich wünschenswert ist, warne ich vor einer solchen Einengung des Blicks. Denn nicht alle Eltern sind willens und in der Lage, Homeschooling durchzuführen. Das Homeschooling ist eigentlich ein vor-kapitalistisches Modell, das die Vorteile der Arbeitsteilung unterläuft. Es hat einen guten Sinn, dass es spezialisierte Fachkräfte für die Vermittlung von Bildungsinhalten oder Verhaltenszielen gibt. Die Eltern sind nicht immer und überall und nicht in jeder Lebensphase des Kindes die hierfür geeignetsten Personen. Echte Wahlfreiheit verlangt, dass ein Homeschooling einerseits zwar möglich ist, dass aber andererseits weitere nicht-staatliche Optionen zur Verfügung stehen.
[1] Stefan Blankertz, Pädagogik mit beschränkter Haftung: Kritische Schultheorie, Berlin 2019 (edition g. 105),
S. 149ff.
[2] Richard Lewontin, Gene, Umwelt und Organismen, in: Robert Silvers, Verborgene Geschichten der Wissenschaft (1995), München 1999, S. 132.
[3] Um die Entscheidung mit einbeziehen zu können, bedarf es einer Handlungslogik, wie sie Ludwig von Mises (1881-1973) und Kurt Lewin (1890-1947) jeder auf seine Weise vorgelegt haben. Eine Psychologie (oder mit Mises entweder als «Praxeologie» oder «Thymologie», mit Lewin als «Vektorpsychologie» zu bezeichnen) würde «Interaktionsgesetze» formulieren, wie ich es vorschlage (Stefan Blankertz, Einladung zur Freiheit, Berlin 2020 [edition g. 118], S. 116). Zu Lewin vgl. Stefan Blankertz, Kurt Lewins Kritik der Ganzheit, Berlin 2017/2020 (edition g. 403).
[4] Richard Herrnstein und Charles Murray, The Bell Curve (New York 1994), S. 105: «For purpose of this discussion, we will adopt a middling estimate.» Edward O. Wilson, Die Einheit des Wissens, Berlin 1998, S. 190: «Punktwerte für Heritabilität« des IQ »liegen meistens um die 50%-Marke.»
[5] The Bell Curve, S. 106.
[6] Bezogen auf die Behauptungen, internationale Vergleiche von durchschnittlichen IQ-Niveaus ganzer Populationen auf Staatsebene würden die tendenziell geringere Intelligenz von Nicht-Weißen und Nicht-Asiaten beweisen, vgl. Stefan Blankertz, Migration, Integration, und Wohlfahrtsstaat, Berlin 2019 (edition g. 114), S. 17ff und 161ff.
[7] Charles Murray, Losing Ground: American Social Policy, 1950-1980, New York 1980.
[8] Pierre Bourdieu, Über den Staat (Vorlesungen 1989 -1992), Berlin 2017, S. 123.
[9] E.G. West, Education and the Industrial Revolution, London 1975.
[10] James Tooley, The Beautiful Tree, Washington, DC 2009. Siehe auch: James Tooley und David Longfield, Education, War & Peace: The Surprising Success of Private Schools in War-torn Countries, London 2017.
[11] Leo Tolstoi, Die Schule von Jasnaja Poljana (1862), hg. v. Stefan Blankertz, Wetzlar 1976/1980, S. 21f.
[12] Rudolf Steiner, Maria Montessori und Peter Petersen haben ihre Nischen, allesamt (leider) durch Subventionen gekennzeichnet. Die hämische Anmerkung der etablierten Erziehungswissenschaft lautet: Daran, dass nur solche Alternativen ihre Nischen finden, die auch staatliche Subventionen erhalten, sähe man, wie wenig die Alternativen aus sich selbst heraus vermögen. Sie sollte ihr im Halse stecken bleiben. Denn es ist die Scheinkostenlosigkeit der öffentlichen Schule, also ihre Zwangsfinanzierung über die Steuern, die dem Staat dieses Monopol erhält.