Wie der Sozialismus wurde, was er nicht hätte sein sollen

Stefan Blankertz

Wie der Sozialismus wurde, was er nicht hätte sein sollen:
Martin Bubers Auffassung von Gemeinschaft

Vortrag Buber-Tagung InKontakt Institut

Mein Vortrag über Martin Bubers (1878 -1965) Auffassung von Gemeinschaft umfasst drei Teile: Im

ersten Teil geht es um eine Annäherung an die Themen Anarchismus, Sozialismus und Gemeinschaft, wobei der wichtigste Bezugspunkt für die politische Theorie Bubers, Gustav Landauer, im Mittelpunkt steht; der

zweite Teil skizziert die Ideengeschichte des Sozialismus, im Laufe derer der Begriff des Sozialismus gegenüber dem, was Landauer und Buber unter Sozialismus verstanden, zu dessen Gegenteil verkehrt wurde; auf diesem Hintergrund entfalte ich

drittens Martin Bubers Auffassung von Gemeinschaft.

Als Motto voran stelle ich eine Mahnung Bubers von 1936 in einem Essay, dessen Titel «Der Einzelne und die dialogische Verantwortung» lautet. Dort sagt er:

[Buber:] «… damit der Mensch nicht verloren gehe, tun Personen not, die nicht kollektiviert sind, und Wahrheit, die nicht politisiert ist.»[1]

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Martin Buber, Gustav Landauer und ich:

Anarchismus und Sozialismus

Es geht in diesem Vortrag um den politischen Buber, um seine Vorstellung einer besseren Form des Zusammenlebens, einer Form, in der das dialogische Verhältnis von Ich und Du einen breiteren Platz als in der gegenwärtigen Gesellschaft hätte. Eine wichtige Aufforderung Bubers lautet, Gemeinschaft zu verwirklichen. Bei Gemeinschaft handelt es sich um einen in Deutschland umstrittenen, wenn nicht moralisch unmöglichen Begriff. Denn nach der Erfahrung des Nationalsozialismus ist ein leichthändiger Umgang mit dem Begriff der Gemeinschaft auch in der Vision Bubers nicht mehr angebracht. Er bedarf der Ergänzung durch den Begriff des Widerstands. (Dazu später mehr.) Der politische Buber ist maßgeblich mit dem Begriff des (religiösen) Sozialismus verbunden, der zwar nicht anrüchig ist, sondern sich bester Reputation erfreut, aber missverständlich. Ich werde zeigen, dass das, was Buber unter Sozialismus verstand, alles andere als das ist, was man heute gemeinhin Sozialismus nennt. Denn Buber war Anarchist; was nicht so häufig erwähnt wird. Ich gehe von meiner biographischen Erinnerung aus, um in den Zusammenhang von Anarchismus, Sozialismus und Gemeinschaft einzuführen.

1970 entdeckte ich den Anarchismus durch einen «Spiegel»-Artikel über den anarchistischen Einfluss auf die Protestbewegung der 1960er Jahre. Obwohl der anarchistische Einfluss auf die Protestbewegung in dem Artikel äußerst negativ bewertet wird, war ich spontan vom Anarchismus begeistert.  Als ich meinem Vater davon berichtete, griff er ins Regal und drückte mir Martin Bubers Buch «Pfade in Utopia» von 1945 [1950] in die Hand. Buber war ein Anarchist, der in dem besagten Spiegel-Artikel freilich nicht vorkam. Sicherlich stellt das Buch einen 14-Jährigen vor eine große intellektuelle Herausforderung. Geschrieben ist es in einer romantischen Sprache, die schon damals nicht mehr recht in die Zeit passte. Didaktisch erläutert der Autor nichts, er schreibt auf hohem Niveau der Abstraktion und setzt jede Menge historischen Wissens voraus, von dem ich keinen blassen Schimmer hatte. Als Pädagoge vertrat mein Vater die didaktische Auffassung, bei genügend Enthusiasmus könne keine Herausforderung für ein Kind zu groß sein; ganz im Gegenteil, gerade dann sollten die Herausforderungen so groß wie möglich gestaltet werden, um einen optimalen Bildungserfolg zu generieren.

Doch beginne ich mit Gustav Landauer (1870 -1919), denn Buber bezog seine Idee des Anarchismus von Landauer, einem engen Freund. Es gab eine schwere Prüfung für die Freundschaft, als Buber 1914 in den Kriegstaumel einstimmte und Landauer ihn daraufhin «Kriegsbuber» nannte.[2] Schnell war Buber von seiner Begeisterung für den deutschen Angriffskrieg geheilt und die Freunde fanden wieder zusammen. Als Landauer während der Niederschlagung der Münchner Räterepublik 1919 verhaftet und in Haft geplündert und ermordet wurde, war das für Buber ein harter Schlag. (Dazu später mehr.) In den folgenden Jahren gab Buber eine Reihe der Schriften seines ermordeten Freundes heraus. (In der umfangreichen Buber-Biographie Dominique Bourels aus dem Jahr 2017 kommt Landauer übrigens nur ganz am Rande vor.)

Landauer sah sich als Sozialist. Das Journal, das er zeitlebens edierte, nannte er selbstbewusst-schlicht «Der Sozialist»; die Organisation, die er (zugegebenermaßen ziemlich wirkungslos) mit Buber gründete, war «Der sozialistische Bund» und eins seiner Werke trug den Titel «Aufruf zum Sozialismus» (1911). Unter «Sozialismus» verstand Landauer in der Tradition Pierre-Joseph Proudhons genau eine Sache, nämlich den freiwilligen Bund. Anders als Proudhon, der sich, obgleich selber aus landwirtschaftlichen Verhältnissen stammend, vor allem an die Arbeiter wandte, hatte Landauer mehr die Idee im Kopf, dass die (freiwilligen, libertären, anarchistischen) Sozialisten gemeinsam Boden erwerben und bewirtschaften: Lasst uns mit dem Sozialismus beginnen!, rief er. Darauf, dass das ein heikles Unterfangen war, weil entsprechende utopische Siedlungsgründungen allesamt scheiterten, gehe ich am Schluss noch ein; Landauer aber kam nie er in die Lage, seine Idee tatsächlich in die Tat umzusetzen. Freilich ist Landauers Idee weniger in den Zusammenhang der Gründung utopischer Siedlungen zu stellen, als in den Kontext des Zionismus, der einen starken anarchistischen Flügel hatte: Nicht einen Staat im Heiligen Land zu errichten, war das Ziel zionistischer Anarchisten, sondern eine Föderation im Sinne Proudhons. Buber hielt an dieser Idee fest, vermochte sich jedoch nicht durchzusetzen gegen die etatistischen Zionisten.

Neben Proudhon war der Bezugspunkt Landauers unter den anarchistischen Theoretikern vor allem Peter Kropotkin, von dem er einige Werke ins Deutsche übersetzte, so die «Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt» (1901). Die Grundthese lautet, im darwinschen Kampf ums Überleben sei die Kooperation («gegenseitige Hilfe») der entscheidende Faktor. Noch heute wird Kropotkins These als Interpretation Darwins von Evolutions- und Verhaltens­biologen zitiert, zum Beispiel von dem niederländischen Primatologen Frans de Waal.[3] In der «Gegenseitigen Hilfe» gibt es zwei Kapitel mit Beispielen aus der Zeit der mittelalterlichen Städte. Landauer nahm diese auf und radikalisierte sie zu der romantischen These, das Mittelalter sei die Alternative zum neuzeitlichen Staat, sei die höchste Entwicklungsstufe der ganzen bislang bekannten Geschichte.[4] Nach Landauer lautet das Prinzip des gesellschaft­lichen Zusammenhalts im Mittelalter Geist, in der Moderne (und in der Antike?) hingegen Gewalt. Geist und Gewalt sind laut Landauer absolute Gegensätze des sozialen Lebens, und die Gesellschaft ordnet sich nach dem einen oder nach dem anderen Prinzip. Bei seiner Beschäftigung mit dem Mittelalter stieß Landauer auf Meister Eckhart, dessen Predigten gerade erst (wieder-) entdeckt worden waren. Dass Meister Eckhart von der Inquisition verurteilt wurde und nur durch eine Finte, die manche ihm als Feigheit auslegen, dem Todesurteil entging, macht ein erstes großes Fragezeichen hinter Landauers unkritische Begeisterung fürs Mittelalter als Zeit siegreichen Geistes.

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Wie der Sozialismus wurde, was er nicht hätte sein sollen:

Zur Ideengeschichte des Sozialismus

Wenn heute von Sozialismus die Rede ist, ist zwar klar, dass unter dem Begriff des Sozialismus verschiedene Strömungen zusammengefasst werden, doch dass die Vorstellung sie einigt, der Einsatzes von Staatsgewalt solle und könne sozio-ökonomische Gerechtigkeit (oder Gleichheit) herstellen. Dies reicht von kleinen reformistischen Interventionen in die Wirtschaft wie die Verfügung eines Mindestlohns bis hin zu einer revolutionären Enteignung aller Produktions­mittel und der zentralstaatlichen Verwaltung nahezu aller wirtschaftlichen Tätigkeiten. Zudem stimmen Freunde – und Feinde – aller sozialistischen Richtungen darin überein, dass jede Ausprägung des Sozialismus in mehr oder weniger enger Verbindung mit dem Marxismus stehe, denn Karl Marx habe bewiesen, dass Wirtschaften ohne den Eingriff durch staatliche Gewalttätigkeit in Ungerechtigkeit, Armut, Verelendung und neuerdings auch in Umwelt­zerstörung münde.

Dies ist nichts anderes als eine Geschichtsschreibung der Sieger, obwohl die Sieger inzwischen selber zu den Verlierern gehören; ich meine die bolschewistischen Sozialisten nach der Oktoberrevolution 1917, die sich dann auch eher als Kommunisten bezeichneten. Doch der Name ihrer Staatsgewalt lautete auf Sozialismus: Union der sozialistischen Sowjetrepubliken. Dass deren Sicht auf die Geschichte trotz ihres historischen Scheiterns bis heute prägend bleibt und selbst Gegner sie kaum noch in Frage stellen, ist bemerkenswert.

Demgegenüber kann ich Karl Marx selber als Kronzeugen aufrufen,[5] der eingestand, dass zumindest in Frankreich der Einfluss Pierre-Joseph Proudhons deutlich stärker als sein eigener war. Anlässlich des Ausbruchs des preußisch-französischen Kriegs 1870, der in die Gründung eines deutschen Kaiserreichs mündete, schrieb Marx an Friedrich Engels:

[Marx:] «Die Franzosen brauchen Prügel. Siegen die Preußen, so die Zentralisation der state power nützlich der Zentralisation der deutschen Arbeiterklasse. Das deutsche Übergewicht würde ferner den Schwerpunkt der westeuropäischen Arbeiterbewegung von Frankreich nach Deutschland verlegen, und man hat bloß die Bewegung von 1866 bis jetzt in beiden Ländern zu vergleichen, um zu sehn, daß die deutsche Arbeiterklasse theoretisch und organisatorisch der französischen überlegen ist. Ihr Übergewicht auf dem Welttheater über die französische wäre zugleich das Übergewicht unsrer Theorie über die Proudhons etc.»[6]

Dies hätte er nicht geschrieben, wäre in der revolutionären Bewegung Frankreichs Proudhon eine Randfigur gewesen. 1870, da war Proudhon seit fünf Jahren tot. Der Proudhonismus in Frankreich ist ein bemerkenswertes Phänomen. Denn Proudhon, Ochsenhirt, Schriftsetzer, zeitweilig mit der Unterstützung eines reichen Freundes Privatgelehrter, dann kleiner Angestellter, entsprach so gar nicht dem, was man sich unter einem revolutionären Führer vorstellt. Er war kein begnadeter Redner, kein geschickter Verschwörer, und auch kein großer Organisator. Sein philosophischer Hauptbezugspunkt ist Hegel, und seine Schriften durchzieht eine bisweilen anstrengende Dialektik. Aber seine Idee vermochte es, die revolutionäre Bewegung zu beflügelten; die Idee nämlich: Die Menschen sind in der Lage, ihr Leben ohne Herrschaft zu meistern, und zwar besser zu meistern als mit Herrschaft!

Was verstand Proudhon unter «Sozialismus»? Mit einer Begebenheit lässt sich das charakterisieren: 1849 wurde Proudhon wegen Beleidigung des französischen Kaisers Napoleon III. ins Gefängnis geworfen; darum musste er sein Experiment mit der Volksbank einstellen, ein Experiment, das man verkürzt als eine einer Art Vorläufer des Bitcoins bezeichnen kann. Im Rückblick sagte er: Seinen Sozialismus unterscheide von allen anderen Schulen des Sozialismus, dass er als einzige Bedingung seiner Umsetzung die Freiheit fordere. In einer Skizze der Geschichte des Sozialismus 1867 bescheinigte der russische Anarchist und Nachfolger Proudhons Michael Bakunin, Proudhon sei der einzige Sozialist gewesen, der keine Tendenz zur Bevormundung gehabt hätte.[7] 1911 nannte Landauer Proudhon den «größten aller Sozialisten».[8]

Zurück zu Marx und dem preußisch-französischen Krieg. An dessen Ende stand 1871 tatsächlich die Niederlage Frankreichs. Inmitten dieser Niederlage kam es in Paris jedoch zu einem Aufstand mit der Gründung der «Pariser Kommune». Sie währte nur wenige Tage, bis der französische Reststaat sie unter der wohlgefälligen Aufsicht der preußischen Sieger niederschlug; aber in ganz Europa heizte sie die revolutionäre Bewegung an. Die Idee, die die Pariser Kommune inspirierte, war genau das proudhonistische Programm des Föderalismus: die Selbstverwaltung vor Ort. Marx kam nun nicht umhin, sie ebenfalls in einer Schrift zu würdigen (und zu behaupten, sie entspräche genau seinen Vorstellungen).[9] Lenin kostete es später Mühe, den dezentralen Föderalismus, den Marx hier pries, wegzuinterpretieren, um seinem demokratischen Zentralismus unbeschadet «marxistisch» nenne zu können.[10]

In der zur herrschenden Lehre (Lehre der Herrschenden) gewordenen Nomenklatur rechnet man Proudhon schlicht den «Frühsozialisten» oder den «utopischen Sozialisten» zu: Damit unterschlägt man schlichtweg seine Sonderstellung innerhalb des Sozialismus, die ihn zum Vater des Anarchismus werden ließ. Was Landauer im Anschluss an Proudhon unter Sozialismus verstand, beschreibt er in seinem «Aufruf zum Sozialismus» 1911 so:

[Landauer:] «Der selbstständige Einzelne, dem keiner in das hineinspricht, was seine Sache allein ist; die Hausgemeinschaft der Familie, der Heim und Hof ihre Welt sind; die Ortsgemeinschaft, die autonom ist; das Amt oder der Gemeindeverband und so immer mehr ins Breite mit einer immer kleineren Zahl [von] Aufgaben die umfassenderen Verbände – so sieht eine Gesellschaft aus, das allein ist der Sozialismus, für den zu wirken sich lohnt, der uns aus unserer Not retten kann.»

Daran anknüpfend stellt Landauer zwei Sozialismus-Versionen gegeneinander. Zunächst die negative Version:

[Landauer:] «Vergebens und verfehlt sind die Versuche, in Staaten und Staaten­verbänden das Zwangsregiment unserer Zeiten […] noch auszubauen und ihren Bereich noch weiter auf das Gebiet der Wirtschaft zu erstrecken, als es bisher schon gesehen ist. Dieser Polizeisozialismus, der jede Eigenheit und ursprüngliche Regsamkeit erstickt, wäre nur das Siegel auf den völligen Zerfall unsrer Völker. […]»

Ich möchte hier betonen, dass Landauer ganz klar seine Vision des Sozialismus gegen jegliche Intervention der Staatsgewalt in die Wirtschaft richtet.[11] Abschließend formuliert Landauer seine Version des Sozialismus:

[Landauer:] «Ein Zusammenschluss natürlicher Art ergibt sich uns Menschen nur da, wo wir in örtlicher Nähe, in wirklicher Berührung beisammen sind.»[12]

Ein Satz, der genauso von Buber stammen könnte. Örtliche Nähe, wirkliche Berührung: Das ist der Aufruf zum Kontakt im Gegensatz zur herrschaftlich formalisierten Organisation der Gesellschaft. Heute mag diese Vision des Sozialismus überraschen; damals, kaum mehr als ein halbes Jahrzehnt vor der Oktober­revolution 1917 war es das, was Landauer und Buber selbstbewusst als den Sozialismus deklarieren konnten. In der Betrachtung «Landauer zu dieser Stunde» fasst Buber 1939 ihrer beiden Überzeugung so zusammen:

[Buber, Landauer paraphrasierend:] «Der Sozialismus kann nur aus dem Geiste der Freiheit und freien Vereinigung erwachsen, er kann nur inmitten der Einzelnen und ihrer Gemeinden entstehen.»[13]

Nach der Oktoberrevolution 1917 schritt die Identifizierung des Sozialismus mit dem Bolschewismus dann allerdings schnell voran; als weitere sozialistische Strömung galt dann nur noch der gewerkschaftliche Reformismus. Bereits 1921 sagte der führende Anarchist Italiens, Errico Malatesta, pauschal, Sozialisten seien autoritär, Anarchisten dagegen libertär.[14] Damit gab er den Begriff des Sozialismus, wie Proudhon ihn vertreten hatte, preis an eine öffentliche Meinung, die das schon gar nicht mehr verstand. Sozialisten wollten dem Volk, sagte Malatesta weiter, eine Wirtschafts- und Lebensweise aufzwingen, entweder mittels demokratisch gewählter Regierung oder mittels Diktatur. Mit dem Hinweis auf die demokratisch gewählte Regierung bezeichnete Malatesta die sozialdemokratisch-gewerkschaftlichen Reformisten, mit dem auf Diktatur die Bolschewisten in Russland. Beide, die reformistischen wie die revolutionären Sozialisten würden derzeit genau das tun, was Anarchisten seit fünfzig Jahren fürchten, dass sie es tun werden. Hiermit erinnerte Malatesta an die Analysen, die Michael Bakunin in den 1870er Jahren vorlegte: Bakunin prophezeite, die Marxisten, egal ob in der reformistischen oder in der revolutionären Variante, würden nach einem Sieg die Gewalt des Staats festigen und ausbauen; insbesondere sah er voraus, dass dann die Wissenschaft die Position der Kirche einnehme und dass die Verwaltung zur Allmacht aufsteige. Der reformistische Sozialismus war besonders stark in Deutschland unter dem Namen Sozialdemokratie und hatte hier einen gewissen Bezug zu Marx, obwohl Marx mit der Sozialdemokratie alles andere als glücklich war.[15]

Freilich wird auch die Teilung des Sozialismus in einen demokratischen reformistisch-gewerkschaftlichen und einen revolutionären avantgardistischen Flügel der Geschichte nicht gerecht; denn obwohl den sozialistischen Anarchisten der Ruf voraneilt, wilde Revolutionäre gewesen zu sein, waren die meisten Anarchisten eher vorsichtige Reformisten in dem Sinne, dass sie eine langsame, umsichtige Ausweitung der Bereiche freiwilligen Handelns in der Gesellschaft anstrebten, in deren Verlauf die Menschen sich ihre Fähigkeit zur Selbst­bestimmung und Selbstorganisation wieder aneignen.[16]

1919 beteiligte Gustav Landauer sich an der nur kurzlebigen Münchner Räterepublik, bevor er nach ein paar Tagen vom Gebaren der Bolschewisten abgestoßen aufgab. Das hinderte die siegreichen Truppen des sozialdemokratisch geführten Staats freilich nicht, ihn als Rädels­führer sowohl zu verhaften, wie auch zu plündern und in der Haft zu ermorden. Buber erinnerte sich, an einer von Landauer initiierten Debatte über politischen Terror im Münchner Landtag der Räte teilgenommen zu haben. Landauer folgte den Rechtfertigungen des Terrors bleich; nur Buber griff ein und formulierte Gegenargumente, die er mit historischen Beispielen untermauerte.

[Buber:] «Mein [Diskussions-] Partner ging [auf meine Beispiele] nicht ein. Aber auch er versuchte, seine Apologie des Terrors mit Beispielen zu belegen. ‹Dscherschinski›,[17] sagte er, ‹der Vorsitzende [des bolschewistischen Geheimdiensts] konnte hundert Todesurteile an einem Tag unterzeichnen, aber mit ganz reiner Seele.› – ‹Das ist ja das Allerschlimmste›, sagte ich, ‹diese reine Seele, auf die man keinen Blutspritzer fallen lässt! Es kommt nicht auf Seele an, sondern auf Verantwortung.› Mein Partner sah mich mit ahnungsloser Überlegenheit an. Landauer, der neben mir saß, legte seine Hand auf die meine. Sein ganzer Arm zitterte.»[18]

Landauer wusste, dass er sich mit den Falschen eingelassen hatte: Die Bolschewisten waren so wenig Sozialisten in seinem Sinne wie die Sozialdemokraten, die die Münchner Räterepublik niederschlugen und den Mörder Landauers mit einer kleinen Geldstrafe davon kommen ließen. Er habe Landauers Tod als den eigenen erlebt, soll Buber noch kurz vor seinem Tod 1965 beteuert haben.[19] Im Gespräch mit Carl Rogers sagte Buber 1957: «Eben jetzt wieder [werde ich] mit meinem Körper» an Landauers Ermordung erinnert, daran, «jetzt ist mir etwas angetan worden.»[20] In einem Essay über «Landauer und die Revolution» entwirft Buber kurz nach Landauers Tod 1919 diese ergreifende Szene:

[Buber:] «In einer Kirche zu Brescia sah ich ein Wandbild, dessen ganze Fläche von Gekreuzigten bedeckt war. Das Feld der Kreuze dehnte sich bis an den Horizont, und an allen hingen Männer mannigfachen Wuchses und Angesichts. Da erschien mir, dieses
sei die wahre Gestalt Jesu Christi. An einem der Kreuze sehe ich Gustav Landauer hängen.»[21]

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Gemeinschaft, Verantwortung, Widerstand:

Eine notwendige Trias

Gemeinschaft ist ein Begriff, bei dem Missbehagen sich mit dem des Behagens in engster Verbindung befinden. Dies gilt besonders für Deutschland, wo die Ideologie der Volks­gemeinschaft dem Nationalsozialismus eine Basis gab, sich nicht nur des Terrors, sondern auch der Sehnsucht der Menschen nach Geborgenheit zu bedienen, aufgrund derer er eine breite Mehrheit hinter sich scharen konnte. Bemerkenswerterweise wertet es den Begriff des Sozialismus nicht ab, dass auch die Nationalsozialisten ihn gebrauchten. Selbst der Stalinismus tat dem Ansehen des Sozialismus keinen Abbruch.[22]

Während die Erfahrung des Nationalsozialismus im Umgang mit dem Ideal der Gemeinschaft in Deutschland zu einer gewisse Vorsicht führte, gilt dies für andere Sprachen nicht; das englische «Community» ist völlig wertfrei zu gebrauchen, auch im Denglischen. Im Deutschen sind Ersatzvokabeln wie Zugehörigkeit, Verbundenheit, oder das einfache «Wir» gang und gäbe. Die Problematik ist damit freilich nicht aus der Welt. Sozialpsychologisch steht einerseits fest, dass viele Menschen eine authentische Sehnsucht nach Gemeinschaft haben, und dass es andererseits keinen stärkeren Kitt für Gemeinschaft gibt als die Abgrenzung nach außen sowie den Aufbau eines enormen Konfluenzdrucks nach innen mit dem rigorosen Ausschluss von Dissidenten. Nach innen mag das Gemeinschaftsgefühl die Rücksichtnahme und die gegenseitige Hilfe steigern, nach außen aber legitimiert es dazu, an den Fremden und Dissidenten die schlimmsten Verbrechen zu begehen. Das Gemeinschaftsgefühl zerteilt das Gewissen in innen und außen, es senkt die Verantwortung des Einzelnen: Solange er tut, was alle tun und für richtig halten, ist er geschützt vor Gewissensbissen und Rechenschaft. Die Erfahrung des Nationalsozialismus stellt sozialpsychologisch gesehen keine Ausnahme­situation dar, keinen Missbrauch der Gemeinschaft oder der Idee der Gemeinschaft, wirft vielmehr ein schauerliches Bild auf ihr Wesen, wenn sie nicht ergänzt wird durch die individualistischen Betätigungen, Verantwortung zu übernehmen sowie im Fall eines Konflikts zwischen Moral und Gemeinschaft den Widerstand gegen die Gemeinschaft zu mobilisieren.

Im politischen Rahmen und auch im geschichtlichen Kontext wird gern von «kollektiver Verantwortung» gesprochen. Dass dies ein falscher Gebrauch des Begriffs ist, kann schnell gezeigt werden. Kollektivstrafen und Sippenhaft stellen Unrecht dar. Jemand kann nur dann zur Rechenschaft gezogen werden, wenn er an einem Verbrechen nachweislich Anteil hat oder ihm wenigstens zustimmte. Selbst wenn in einer Gemeinschaft alle Einzelnen dem Verbrechen beipflichteten oder gar aktiv an ihm beteiligt waren, muss Verursachung jedem nachgewiesen werden. Ein markantes Beispiel sind Exekutionen, bei denen mehrere Soldaten auf den Hinzurichtenden schießen, damit kein Einzelner sein Gewissen mit dessen Tötung zu belasten braucht, da nicht klar ist, wessen Kugel ihn tödlich getroffen hat. Dies allein ist Beweis genug, dass solche Exekutionen Unrecht sind. Sie lassen sich nur in einer unverantwortlichen Gemeinschaftssituation durchführen, die das individuelle Gewissen aus­schaltet.

Wenn der Geist der Konfluenz eine Gemeinschaft, sei sie klein oder so groß wie ein ganzes Volk, dazu treibt, Verbrechen zu begehen oder zu dulden, bedeutet die Übernahme von Verantwortung, aus der Konfluenz auszubrechen und Widerstand auszuüben, Widerstand zumindest dadurch, sich der Beteiligung am Verbrechen zu verweigern. Im besten Falle veranlasst der Widerstand die Mitmenschen, sich ebenso zu verweigern und möglicherweise lässt sich das Verbrechen derart verhindern. Widerstand bedeutet immer, die geltenden Normen der Gemeinschaft zu brechen, seien dies informelle Regeln oder nieder­geschriebenen Gesetze. Ein Recht auf Widerstand im Sinne von Gemeinschaftsnormen oder staatsrechtlichen Regelungen kann es grundsätzlich nicht geben: Regeln oder Gesetze, die ihre eigene Nichtgeltung einschließen, gelten nicht. Verfassungsformulierungen, die ein Wider­standsrecht einräumen, sind leeres Gerede. Dies zeigt sich sofort, falls jemand sich auf solch ein Widerstandsrecht beruft, wenn er ein Gesetz missachtet. Dann heißt es umgehend, genau das sei mit Widerstandsrecht nicht gemeint und durch es nicht abgedeckt.

Der Widerstand mag freilich eine neue Gemeinschaft begründen, und auch dies in positiver wie negativer Hinsicht. Erfolgreich ist Widerstand nur dann, wenn es ihm gelingt, dass nicht ein Einzelner gegen das Verbrechen aufbegehrt, sondern wenn es so viele tun, dass sie in der Lage sind, diejenigen daran zu hindern, das Verbrechen zu begehen, die es auszuführen gedenken. Das ist ein edles und risikoreiches Unterfangen, denn schließlich ist die Gemeinschaft, die das Verbrechen im Sinn hat, in der Lage und meist auch bereit, ihr Tun mit Gewalt fort­zusetzen. Sie richtet sich gegen diejenigen, die Widerstand leisten; sie will den Widerstand brechen. Nun muss aus denjenigen, die Widerstand leisten, ihrerseits eine verschworene Gemeinschaft werden, sie muss sich nach außen abschotten und nach innen disziplinieren; sie muss bereit sein, im Notfall Verbrechen zu begehen, etwa Verräter zu exekutieren, um nicht aufzufliegen und um ihr Ziel zu erreichen.

Wir haben es hier mit einem Teufelskreis zu tun. Die Behauptung, all dies sei doch mit der demokratischen Organisation der Gesellschaft erledigt, ist, obwohl herrschende Meinung (Meinung der Herrschenden), ohne jedes Fundament. Gerade die Erfahrung des National­sozialismus macht deutlich, dass demokratischen Mehrheiten alle Formen von Verbrechen zugetraut werden können. Die Lösung aus dem Teufelskreis kann nicht durch eine Ausweitung,[23] sondern nur durch eine Einschränkung von Demokratie im Sinne der Mehrheitsherrschaft gelingen. Das Prinzip einer Gemeinschaft, die nicht in Unrecht umkippen will, muss das der Freiwilligkeit sein. Dabei ist für das Prinzip der Freiwilligkeit nicht der freiwillige Eintritt entscheidend, sondern die Möglichkeit des Austritts; denn schließlich gibt es Gemeinschaften wie zum Beispiel die Familie, in die man hinein geboren wird. Eine Gemeinschaft, aus der man austreten kann, mag gut oder schlecht sein, sie vermag aber nicht, Verbrechen zu begehen, es sei denn, sie dehnt ihr Handeln auf Personen aus, die ihr nicht zustimmen – und dann wäre sie nicht mehr freiwillig. Die Freiwilligkeit als Kennzeichen der Gemeinschaft betont Buber sowohl in dem Kapitel über Proudhon als auch über Kropotkin: Mit Freiwilligkeit sei der Gegensatz von Individualität und Gemeinschaft aufgehoben.

[Buber, Proudhon paraphrasierend:] Im kommunistischen Zentralismus ist Proudhon zufolge «das Individuum wesenhaft der Kollektivität untergeordnet; von ihr allein komme ihm sein Recht und sein Leben zu; der Bürger gehöre zum Staat wie das Kind zur Familie; er sei in seiner Gewalt und seinem Besitz […] und schulde ihm Unterwerfung und Gehorsam in allen Dingen.»[24]

[Buber, Kropotkin paraphrasierend:] Kropotkin zufolge ist «keine Gleichmachung, [… vielmehr] die vollständigste Entwicklung der Individualität, verbunden mit der höchsten Entwicklung der freiwilligen Assoziation» anzustreben.[25]

In «Pfade in Utopia» von 1945 kommt der Begriff «Widerstand» genau zwei Mal vor, verteilt auf zwei aufeinanderfolgende Sätzen ganz am Schluss. Diese Sonderstellung macht diese Sätze zu Schlüsselsätzen der Argumentation, ja zu Schlüsselsätzen für den politischen Buber.

[Buber:] Der gegenwärtigen, durch die «brutale Herrschaft des Abstraktums ‹Staat›»[26] gekennzeichneten Ära ging eine Gesellschaft voraus, die «aus Gesellschaften verschiedener Art aufgebaut [war], sie war ein komplexes und pluralistisches Gebilde. Das gab ihr die spezifische soziale Vitalität und befähigte sie, der totalitären Tendenz des vorrevolutionären zentralistischen Staates Widerstand zu leisten, auch dann noch, als manche ihrer Elemente in ihrem autonomen Leben schon sehr geschwächt waren. Die gegen die Sonderrechte der Assoziationen gerichtete Politik der französischen Revolution brach diesen Widerstand.»[27]

Diese beiden Sätze spiegeln den Moment des Schocks, als der Vater des Anarchismus und Hauptbezugspunkt sowohl für Buber als auch für Landauer, Pierre-Joseph Proudhon, realisierte, dass die französische Revolution  von 1789 in die falsche Richtung marschiert sei: in die Richtung des Ausbaus der zentralisierten Staatsgewalt und der Vernichtung der vielgestaltigen Gemeinschaften, die ihr Widerstand zu leisten vermochten.

Die Gemeinschaft, die Buber verwirklichen wollte, setzt freiwillige Mitgliedschaft voraus und verwirklicht sich im Widerstand gegen totalitäre Tendenzen der Gemeinschaftlichkeit. Wo Freiheit und Wider­stand fehlen, wird Gemeinschaft zur Qual: zur Gewalt. Die bolschewistische Revolution wiederholt 1917 den fatalen Fehler der französischen Revolution:

[Buber:] «Die bolschewistische Revolution […] hatte für selbständige kleine Gemein­schaften keine Verwendung. […] Das Wunschbild, zu dem diese Vorstellung gehört, ist in Wahrheit das Bild einer endgültig und [restlos zerstörten][28] Gesellschaft. Mehr noch: es ist das Bild eines Staates, der die Gesellschaft verschlungen hat.»[29]

Einen Schritt, den Buber in «Pfade in Utopia» nicht geht, vielleicht noch nicht gehen konnte, ist eine selbstkritische Reflektion verwirklichter Gemeinschaft. Das Buch enthält eine lange Diskussion von sozialistischen Siedlungsexperimenten, besonders in den USA.[30] Sie alle sind davon gekennzeichnet, dass sie sich schnell wieder auflösten. Da die Mitgliedschaft freiwillig war, lehrte die Erfahrung ihre enthusiastischen Gründer, dass Enge, Gemeineigentum und Gruppendruck eine Situation herbeiführen, die weit unangenehmer ist als die gesell­schaftlichen Missstände, die die Experimente beheben sollten. Große Erwartungen knüpfte Buber an die jüdischen Kibbuzim, die sich «in voller Freiheit»[31] entwickeln. Aber nicht haben die Kibbuzim die Gesellschaft in Gemeinschaft verwandelt, sondern sie sind bis auf einige wenige Reste in die sie umgebende Gesellschaft diffundiert. Die Schlussfolgerung, die für mich auf der Hand liegt, lautet, dass eine in Freiheit lebensfähige Alternative zu den bestehenden Missständen mehr Freiheit, nicht weniger Freiheit bieten muss.

Mit tiefem Bedauern muss ich feststellen, dass Bubers Hoffnung, am Ende von «Pfade in Utopia» formuliert, leider Utopie geblieben ist:

[Buber:] «Solange Russland nicht selber eine wesenhafte innere Umgestaltung erfahren hat […] haben wir den einen der beiden Pole des Sozialismus, zwischen denen […] die Wahl zu treffen ist, mit dem gewaltigen Namen Moskaus zu bezeichnen. Den andern Pol wage ich trotz allem ‹Jerusalem› zu nennen.»[32]

Vor allem Bubers Ringen um eine andere Konstitution Israels zeichnet ihn als einen anarchistischen Aktivisten aus: Dieses altmodische Liebeslied blieb bislang ungesungen. Es ist ganz und gar aus der Zeit gefallen. Man wird es vergessen, so der Siegeszug des Etatismus ungebremst fortschreitet. Oder man wird ihm, wenn auch verspätet, als einen der großen Vorkämpfer für Menschlichkeit und Freiwilligkeit dereinst Denkmäler auf allen Plätzen setzen, so der Anarchismus je eine Zukunft haben wird.


[1] «Der Einzelne und die dialogische Verantwortung» (1936); zit. n. Pfade in Utopia: Über Gemeinschaft und deren Verwirklichung, Heidelberg 1985, S. 289.

[2] (Nur ein altmodisches Liebeslied, S. 82 Fn. 1.)

[3] Frans de Waal, Der gute Affe: Der Ursprung von Recht und Unrecht bei Menschen und anderen Tieren (1996), München 2000, S. 33-39.

[4] «Kropotkin [hat] annähernd [!?] recht, wenn er die Entstehung des modernen zentralistischen Staates […] erst vom 16. Jahrhundert an datiert, also von der Zeit, in der ›die Niederlage aller freien Verträge: der Dorf­gemeinschaften, der Gesellenbünde, der Brüderschaften, der Eidgenossenschaften des Mittelalters‹ vollendet wurde. | ‹Eine Stufe großer Kultur kommt da zustande, wo die Einheit der Mannigfaltigkeit der Organisations­formen und überindividuellen Gebilde nicht ein äußeres Band der Gewalt ist, sondern ein in den Individuen wohnender, über die irdisch-materiellen Interessen hinaus weisender Geist› [Landauer]. Als Beispiel führt Landauer das christliche Mittelalter an (in der Tat in der Geschichte des Abendlandes die einzige Epoche, die sich in dieser Hinsicht mit den großen Kulturen des Orients vergleichen lässt).« Martin Buber, Pfade in Utopia (1945/1950), zit. n. Heidelberg 1985, S. 80 | S. 103.

[5] Eine neue quantitative Untersuchung (2022) der Referenzen auf Marx in der ökonomischen, soziologischen und politologischen Literatur zeigt einen sprunghaften Anstieg genau um das Jahr 1917 herum (und dann erneut in der unmittelbaren Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg). https://www.aier.org/article/das-karl-marx-problem/ https://www.journals.uchicago.edu/doi/10.1086/722933

[6] (Nur ein altmodisches Liebeslied, S. 15.)

[7] (Nur ein altmodisches Liebeslied, S. 26.)

[8] (Nur ein altmodisches Liebeslied, S. 24.)

[9] Akribisch stellt Buber dar, wie Marx zwischen Zentralismus und Dezentralisation hin und her schwankt, Pfade in Utopia, zit. n. der Ausgabe Heidelberg 1985, S. 147-177

[10] In einem bemerkenswerten Kapitel beleuchtet Buber das Hin und Her Lenins in praktischer Hinsicht, Pfade in Utopia, zit. n. der Ausgabe Heidelberg 1985, S. 178-226.

[11] In «Pfade in Utopia» zitiert Buber Otto Gierke: «Nur die freie Assoziation schafft Gemeinheiten, in welchen die wirtschaftliche Freiheit fortbesteht.» (Ausgabe Heidelberg 1985, S. 66f.)

[12] Aufruf zum Sozialismus (1911), Revolutionsausgabe 1919, S. 131; Ausgabe hg. v. Heinz-Joachim Heydorn (Frankfurt/M. 1967), S. 166f.

[13] «Landauer zu dieser Stunde», zit. n. Pfade in Utopia: Über Gemeinschaft und deren Verwirklichung, Heidelberg 1985, S. 340f. Der Essay beginnt mit der Mahnung an die «brutale Herrschaft des Abstraktums ‹Staat›» (S. 339).

[14] (Nur ein altmodisches Liebeslied, S. 7.)

[15] Vgl. seine Kritik am Gothaer Programm 1875 (MEW19).

[16] Im Einzelnen belegt in meinem Buch Nur ein altmodisches Liebeslied? Glanz und Elend des klassischen Anarchismus (2023, edition g. 127).

[17] Feliks Dzierżyński, 1877 -1926, Gründer und Leiter erst der Tscheka, dann der GPU, der Vorläuferin des NKWD und des KGB.

[18] (Nur ein altmodisches Liebeslied, S. 22.)

[19] Paul Mendes-Flohr, S. 139 (mündliche Überlieferung.

[20] Paul Mendes-Flohr, S. 312.

[21] «Landauer und die Revolution» (1919), zit. n. Pfade in Utopia: Über Gemeinschaft und deren Verwirklichung, Heidelberg 1985, S. 330.

[22] Dass man den Stalinismus nicht einfach mit dem Hinweis vom Sozialismus trennen kann, Stalin sei ja Kommunist und nicht Sozialist gewesen, kann man schon an seinem Slogan erkennen, den Sozialismus in einem Land, nämlich der UdSSR, entwickeln zu wollen (statt eine Weltrevolution anzustreben).

[23] Demokratiekritik findet sich in «Pfade in Utopia» mittels einer Paraphrase Proudhons (Ausgabe Heidelberg 1985), S. 63ff, z.B. «Die Zerstörung der natürlichen Gruppen in der Wahltätigkeit wäre die moralische Zerstörung der Nationalität selber, die Verneinung des Gedankens der Revolution» (S. 64).

[24] Pfade in Utopia, zit. n. der Ausgabe Heidelberg 1985, S. 67.

[25] Pfade in Utopia, zit. n. der Ausgabe Heidelberg 1985, S. 86.

[26] «Landauer zu dieser Stunde», zit. n. Pfade in Utopia: Über Gemeinschaft und deren Verwirklichung, Heidelberg 1985, S. 339.

[27] Pfade in Utopia, zit. n. der Ausgabe Heidelberg 1985, S. 227. Für den mündlichen Vortrag ist Bubers Verweis auf den «(Hoch-) Kapitalismus», mit dem er hier die gegenwärtige Ära identifiziert, getilgt, um diese Diskussion nicht aufzumachen, die hier zu weit führen würde. Aber natürlich ist das freiwillige Wirtschaften genau das – Kapitalismus. Die Alternative besteht in der brutalen Herrschaft des Abstraktums Staat.

[28] residuenlos destrukturierten

[29] Pfade in Utopia, zit. n. der Ausgabe Heidelberg 1985, S. 224

[30] Pfade in Utopia, zit. n. der Ausgabe Heidelberg 1985, S. 110-146.

[31] Pfade in Utopia, zit. n. der Ausgabe Heidelberg 1985, S. 237.

[32] Pfade in Utopia, zit. n. der Ausgabe Heidelberg 1985, S. 243.